Die hängen doch sowieso nur die ganze Zeit vor dem Fernseher oder vor dem Computer rum. Klar, wie sollen sie auch anders, wenn sie bei ihren Freunden, aber auch und vor allem bei ihren Eltern nichts anderes sehen. Die Empfehlung Nimm dir doch ein gutes Buch nützt herzlich wenig, wenn sie nicht vorgelebt wird. Noch besser: Man kann es auch gemeinsam tun, auch wenn der Nachwuchs selbst schon im lesefähigen Alter ist.
Ein Buch, das mich selbst sehr begeistert hat und das mich über mehr als 30 Jahre immer wieder begleitet, ist Robert M. Pirsigs Zen and the Art of Motorcycle Maintainance (Zen und die Kunst ein Motorrad zu warten). Im Alter von sechzehn Jahren hörte ich im Radio davon, bekam es zum siebzehnten Geburtstag geschenkt, las es und verstand – zunächst einmal fast nichts. Mit jedem Lesen aber etwas mehr. Und selbst heute entdecke ich immer wieder etwas Neues darin.
Theoretisches und Philosophisches, aber auch ganz handfeste Dinge fürs tägliche Leben. Beispielsweise beschreibt Pirsig sehr detailliert seine Packliste für die gemeinsame Motorradreise mit seinem damals elfjährigen Sohn Chris. Und dabei streift er nur kurz die Art und Weise, wie er mit seinem Kind zusammen liest und und lernt. Ein Lernen nicht nur fürs Kind:
A copy of Thoreau's Walden which Chris has never heard and which can be read a hundred times without exhaustion. I try always to pick a book far over his head and read it as a basis for questions and answers, rather than without interruption. I read a sentence or two, wait for him to come up with his usual barrage of questions, answer them, then read another sentence or two. Classics read well this way. They must be written this way. Sometimes we have spent a whole evening reading and talking and discovered we have only covered two or three pages. It's a form of reading done a century ago when Chautauquas were popular. Unless you've tried it you can't imagine how pleasant it is to do it this way.
Früher fand ich das interessant. Seit ich selbst Kinder habe, versuche ich, es auch so zu praktizieren. Und in der Tat: Es funktioniert und es liefert einem auch als Erwachsenen viele neue Einblicke und Eindrücke, die durch die Kinder an einen herangetragen werden. Thoreaus Walden zu lesen, ist sicherlich ein exzellenter Ansatz. Funktionieren tut das ganze aber auch mit aktuelleren Sachbüchern, wie ich gerade heute gemeinsam mit meinem zwölfjährigen Sohn anhand der Grenzen des Wachstums – das 30-Jahre-Update von Meadows et al. festgestellt habe.
Viel Spaß beim Nachmachen!
manomama
Das ist etwas, was nachahmenswert ist. Ich kann mich zum Beispiel sehr gut an letzte Woche im Kidnergarten an den Elternabend erinnern. Die Kindergärtnerin appelierte eindringlich an die Eltern, doch bitte mit ihren Kindern zu lesen. Und wenn es nur fünf Minuten seien. “Vorlesen sollte immer doppelt soviel sein wie fernsehen!”, sagte sie. Ich schmunzelte. “Ich kann doch meinen Vierjährigen nicht täglich eine Stunde vor den TV knallen”, war meine Antwort. Ja, der Filius und mein Mann bzw. ich lesen unheimlich viel mit ihm. Keine Kinderbücher. Er liebt Lexika. Warum nicht, ist nämlich auch für uns interessant, Buchstabe für Buchstabe durchzumachen.
FRENJA
Apropos Zen: Ein wunderschönes Zen-Bilderbuch habe ich neulich zufällig in der Bibliothek entdeckt: “Ein Pandabär im Garten” von Jon J. Muth (http://www.kinderbuch-couch.de/muth-jon-j-ein-pandabaer-im-garten.html). Großartig auch schon für kleine Kinder – mein 3-Jähriger kramte es immer wieder vor, auch wenn er die Geschichten nicht verstand. Aber die Sprache ist schön und die Bilder erst … tolles Buch.
skeplav
So habe ich es schon vor Jahren mit meiner Tochter gemacht. Ichhabe ihr Balladen von Schiller und Goethe vorgelesen, Sie hat praktisch nichts verstanden, aber wir sind sie einfach Zeile für Zeile durchgegangen und haben über einzelne Wörter, aber auch Zusammenhänge gesprochen.
Was mich dabei am meisten überraschte, war, daß sie von sich aus mehr verlangt hat. Und mit meinem Sohn ist es nicht anders. Deswegenist der Schlüsselsatz für mich oben: “try always to pick a book far over his head”.
Diesem Grundsatz folgend wird man feststellen, daß es schwer ist, die Kinder wirklich zu überfordern.