Über unseren äußerst interessanten Besuch auf den Wiener Zitrustagen wurde ja schon nebenan ausführlicher in Wort und Bild berichtet. In der Orangerie Schönbrunn waren aber nicht nur exotische Zitronen zu bestaunen, alles über die richtige Zusammensetzung des Substrats im Pflanzkübel und einiges über die Baugeschichte von Gewächshäusern zu erfahren, nein, in Wien kam mir auch der Gedanke, hier ein weiteres Lieblingsding vorzustellen. Aber dessen Geschichte beginnt eigentlich an einem ganz anderen Ende der Welt.
Was tut man, wenn einen das Schicksal für zwei Tage nach Miami Beach verschlägt? Klar, man kann auf den Spuren von Crockett & Tubbs wandeln, Art-Deco-Häuser besichtigen, exotische Cocktails schlürfen und am Strand liegen. Mich führte mein Weg allerdings wieder einmal in ein gut sortiertes Haushaltsfachgeschäft. Wenn auch die Märkte international immer mehr zusammenwachsen, findet man bisweilen doch in anderen Ländern noch nützliche Küchenideen und -gerätschaften, an denen man dann daheim wieder ganz besonderen Spaß hat.
Diesmal fiel mein Auge auf eine Zitruspresse, die mich in ihrer Einfachheit sofort beeindruckte. Jeder kennt die meist aus zwei Teilen zusammengesteckten Modelle aus oft schon verfärbtem und verätzten Plastik, zunehmend aber auch in einer stabileren und haltbareren Blechversion. Dann gibt es noch die gläserne Variante, meist mit Glaszapfen versehen, die zwar das Fruchtfleisch nicht so ausfiltern, wie sie sollten, die dafür aber ungemein schwierig zu reinigen sind. Die elektrischen Modelle führen in der Mehrzahl der Haushalte ein Schattendasein in den hinteren Schrankecken, und über die in der Praxis schlicht unbrauchbare Designerware mag man gar keine Worte verlieren.
Die Konstruktion der zufällig in Florida entdeckten Zitruspresse ist anders: Sie ist aus einem einzigen, soliden Stück Edelstahl geformt und mit einem pfannenartigen Griff am einen Ende und mit einer nasenförmigen Auflagefläche am anderen versehen. Auf einen Auffangbehälter für den gewonnenen Saft verzichtet sie ganz. So lässt sich der Saft von Zitronen, Limonen und Orangen in der Küche gleich dort gewinnen und exakt dosieren, wo man ihn am häufigsten benötigt, also direkt am Kochtopf oder an der Rührschüssel. Entweder man hält das praktische Gerät einfach am Griff über das Gefäß, oder man legt es auf dem Gefäßrand auf, wo es dank Nase und Griff stabil und ohne zu wackeln Halt findet. So ist, wenn erforderlich, auch höherer Krafteinsatz und Pressdruck möglich.
Besondere Freude macht die Zitruspresse aber auch nach dem Gebrauch, denn selbstverständlich ist der Chromnickelstahl hundertprozentig spülmaschinenfest. Sie lässt sich jedoch fast noch flinker mit einem scharfen Wasserstrahl und Spülschwamm oder -bürste in Sekundenschnelle per Hand reinigen, so dass sie sofort wieder einsatzfähig ist. Was freilich schade ist: Das ungemein praktische Küchenwerkzeug habe ich weder zuvor noch hinterher irgendwo noch einmal entdecken können. Auf der Unterseite des Griffs ist der Name des US-Unternehmens Amco eingeprägt, wo sich dieses Modell jedoch nicht mehr im Sortiment befindet.
Die etwa zwölf Dollar, die ich vor einigen Jahren für diese Zitruspresse investiert habe, habe ich nie bereut. Im Gegenteil: Das ungewöhnlich zweckmäßige Ding nehme ich bei meinem begeisterten Dilettieren in der Küche immer wieder äußerst gern zur Hand. Sollte etwas Ähnliches irgendwann wieder auf dem Küchengeräte-Markt auftauchen, dann kann ich nur empfehlen, sofort zuzuschlagen!
Dieter Mueller
Sie alter Erpresser Sie!