Männig

Readability: Kein Füllhorn für Blogger

Und wieder einmal geht eine Hoffnung der Onlineschreiber und Blogger auf Einkünfte durch ihren Content über den Jordan. Mit einem kräftigen PR-Schub war die bis dato eher unbedeutende US-Webplattform Readability am 29. Januar angetreten: Das Tool sollte nicht nur wie Instapaper und inzwischen auch Apples Safari Reader eine Wiedervorlage für Webtexte mit ablenkungsfreier Lesemöglichkeit sein, sondern auch die Autoren der jeweiligen Artikel finanziell unterstützen. Hierzu wollten die Betreiber der Plattform 70 Prozent der Einnahmen aus den Mitgliedsgebühren von mindestens fünf US-Dollar pro Monat an die Contentlieferanten ausschütten.

Das Echo der Bloggeria war entsprechend begeistert. Nun würde man, so hofften die Kommentatoren auf Twitter, Blogs und Webseiten, neben den Diensten Kachingle und Flattr, dessen Abwärtstrend zu dieser Zeit längst eingeläutet war, noch eine Einkommensquelle öffnen können. Die Hürden zum erhofften Geldsegen waren jedoch hoch gesetzt: Um von den Readability-Mitgliedsbeiträgen profitieren zu können, sollten sich die Webseiten- und Blogbetreiber zunächst registrieren. Die Auszahlungen sollten halbjährlich erfolgen, wobei Beträge unter 50 US-Dollar nicht zur Auszahlung kommen sollten. Für die Geldtransfers wurde Amazon Payments ausgewählt, ein zumindest in der deutschen Bloggerszene nicht gerade verbreiteter Bankersatz.

Doch die Pläne kamen bereits ins Stocken, als Apple mit der iOS-App zu Readability einen maßgeblichen Teil des Geschäftskonzepts nicht für den Vertrieb im App Store freigeben wollte. Eine App, die erst durch außerhalb des App Stores, also nicht per In-App-Kauf geleistete Abozahlungen funktionsfähig würde, widerspräche den App Store Review Guidlines, so ließ Apple die Readabilitymacher bei ARC90 wissen. Verkaufsprovisionen für Apple hatte man jedoch im Businessplan nicht vorgesehen, und so kam das Geschäft mit den mobilen Endgeräten gar nicht erst ins Rollen. Aber auch beim Zugriff auf Readability aus dem Webbrowser blieb die Notwendigkeit des Abschlusses eines kostenpflichtigen Abos den meisten Nutzern verborgen. Das alte, vor Einführung der Mitgliedsgebühren veröffentlichte Bookmarklet funktionierte nämlich nach wie vor, so dass sich auch ohne Kosten zumindest die Distraction Free Reading-Funktion von Readability nutzen ließ.

Am 17. November nun, achteinhalb Monate nach den vollmundigen Ankündigungen, das Füllhorn über den Contentlieferanten auszuschütten, präsentiert ARC90 abermals ein brandneues Readability. Die Innovation diesmal: Die webbasierte Dienstleistung wie auch die Apps für iOS und Kindle sind nun wieder kostenlos – zumindest in einer verkrüppelten Version, die nur auf maximal 30 gespeicherte Artikel oder Webseiten zugreifen kann. Dies erfuhren die Nutzer jedoch erst auf Nachfrage, da die iOS-Version zum Zeitpunkt des Schreibens dieser Zeilen noch nicht im App Store verfügbar war. Die Auszahlungen an Blogger und Webseitenbetreiber, über die die aktuellen Marketingtexte kaum noch ein Wort verlieren, dürften damit endgültig ins Reich der Träume engagierter Schreiber rücken.

Die Gründe, sich als Nutzer einen kostenpflichtigen Readability-Account zuzulegen, sind nämlich spärlich gesät. Einen vollwertigen Service dieser Art gibt es nach wie vor bei Instapaper kostenlos. Und es werden sich wohl nur wenige Nutzer finden, die nur aus gutem Willen bereit sind, Readability Geld in den Rachen zu werfen, von dem bei den Lieferanten guter Inhalte im Netz vermutlich nie oder zumindest seltenst etwas ankommt. Und wieder einmal scheint sich die Meinung zu bestätigen, dass mit dem Bloggen nur in den seltensten Fällen gutes Geld zu verdienen ist. Bis heute kann zumindest noch keines der bisherigen Konzepte für Geldtransfersysteme zwischen Lesern und Contentmachern überzeugen.