Männig

Ramsauer rechnet

Peter Ramsauer, Müllermeister, ehemaliger Konzertpianist in spe, promovierter Betriebswirt, Präsidiumsmitglied der CSU und Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung hat heute in seiner letztgenannten Funktion ein Verkehrssicherheitsprogramm 2011 vorgestellt. Der 38-seitige Aktionsplan setzt ein hehres Ziel: Im Zeitraum von zehn Jahren, vom Jahr 2010 bis zum Jahr 2020 soll die Zahl der Verkehrstoten in Deutschland um ganze 40 % sinken. Freilich: Die gewaltige Vision des Bundesverkehrsministers relativiert sich etwas, wenn man in Betracht zieht, dass die Zahl der Verkehrstoten in Deutschland seit 1970 ohnehin kontinuierlich im Fallen begriffen ist – von einem kurzen Anstieg gleich nach der Wiedervereinigung abgesehen. In der vergangenen Dekade beispielsweise, so lässt sich aus einem Bericht des Statistischen Bundesamts entnehmen, sank die Zahl von 7.503 Verkehrsopfern im Jahr 2000 auf 3.648 im vergangenen Jahr, also um 51,38 %.

Wie will es Ramsauer also schaffen, diesem natürlichen Trend zu weniger Verkehrstoten erfolgreich entgegenzuwirken, so dass die Zahl der Opfer im Straßenverkehr in den kommenden zehn Jahren nur noch um 40 %, also um 11,38 % weniger als bisher sinkt? Ganz einfach: Er setzt die Schwerpunkte seines Verkehrssicherheitsprogramms so, dass sie genau dort ansetzen, wo möglichst wenig Handlungsbedarf besteht. Bereiche und Verkehrsmittel, bei denen nach wie vor ein hohes Todesrisiko im Straßenverkehr besteht, bleiben dagegen unangetastet. So sieht der Verkehrsminister beispielsweise großen Handlungsbedarf bei den Radfahrern. Die heutige Fahrradhelm-Tragequote von 9 % hält Ramsauer für sehr gering und möchte sie mit verschiedenen Maßnahmen erhöhen. Interessant in diesem Zusammenhang: Nicht einmal 22 % der insgesamt 910 Verkehrstoten des Jahres 2010 starben auf dem Fahrrad. Ein weiterer Schwerpunkt des Aktionsplans sind die Motorradfahrer. Sie sollen mit retroreflektierender Kleidung ausgestattet werden, um sie besser sichtbar zu machen. Nur knapp über 4 % der Verkehrsopfer des vergangenen Jahres waren Motorradfahrer.

Keinen oder nur wenig Aktionismus mag Minister Ramsauer dagegen bei Fußgängern entwickeln, die 25 % der Todesopfer im Straßenverkehr stellen. Und die Lenker und Insassen von Personenkraftwagen, die mit über 43 % der Verkehrstoten die Gruppe mit dem höchsten Todesrisiko im deutschen Straßenverkehr sind, werden ebenfalls fast vollständig beiseite gelassen. Für letztere Gruppe wünscht sich Ramsauer lediglich weitere Fahrerassistenzsysteme, die die Autofahrer elementare Vorsichtsregeln in Zukunft noch verstärkt ignorieren lassen. Für besonders erfreulich hält es der Verkehrsminister, dass auch alte Menschen, die eigentlich aufgrund körperlicher und geistiger Einschränkungen nicht mehr in der Lage wären, ein Auto zu lenken, sich mit genug Elektronik im Wagen dann doch wieder, mit einigen Tonnen Blech ummantelt, in den Verkehr stürzen können:

Einige Fahrerassistenzsysteme verfügen über das Potential, altersbedingte Einschränkungen der psycho-physischen Leistungsfähigkeit älterer Kraftfahrer u.U. kompensieren und damit die Wahrnehmung der Fahraufgabe erleichtern zu können. Dieses Potential gilt es zur Bewahrung der Mobilität von Senioren zu nutzen. Beispielsweise könnten Kreuzungsassistenten zukünftig insbesondere älteren Kraftfahrern helfen, komplexe Kreuzungssituationen zu bewältigen.

Herzlichen Glückwunsch, Herr Ramsauer! Mit diesen an Genialität grenzenden Maßnahmen setzen Sie an exakt den richtigen Stellen an, um – wie von Ihnen geplant – dem langjährigen Trend zur kontinuierlichen Senkung der Todesopfer im Straßenverkehr erfolgreich entgegenzuwirken!