Wenige Tage vor dem Geburtstag des Kunden trifft ein Schreiben der Versicherung ein, bei der man vor Jahren eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat.
Sehr geehrte…,
wir wünschen Ihnen alles Gute zu Ihrem Geburtstag und hoffen, dass Sie auf Ihrem weiteren Lebensweg von Gesundheit, Glück und Erfolg begleitet werden.
Lassen Sie sich feiern!
Von wem man sich feiern lassen soll, oder ob gar die die Versicherung einen zu feiern gedenkt, das lässt der Texter der Direktmarketing-Abteilung der Versicherung allerdings offen. Dafür geht es jetzt weiter im Text:
Auf diesem Weg möchten wir uns für ihre Kundentreue bedanken.
Doch damit auch schon genug der Schmeicheleien, jetzt gilt es, flugs die Kurve zum eigentlichen Sinn des Schreibens zu kriegen.
Damit wir Sie auch weiterhin über aktuelle Veränderungen des Versicherungsschutzes informieren können, senden Sie uns bitte die beiliegende Wiederanruferlaubnis in beigefügtem Rückkuvert zurück.
Mit freundlichem Grüßen
…
Über Veränderungen des eigenen Versicherungsschutzes informiert zu werden, das ist ja stets eine sinnvolle Sache. Warum aber möchte die Versicherung dies nicht, wie seit Jahren praktikabel und bewährt, auf dem Postweg tun? Warum gedenkt man jetzt den weit weniger verbindlichen Weg per Telefon zu nehmen? Ein genauerer Blick auf die »Wiederanruferlaubnis«, die dem Schreiben beiliegt, offenbart denn auch schnell die eigentliche Intention.
Hier kommt unsere Versicherung nach wenigen, warmen Worten der Einführung schon konkreter auf den Punkt:
JA, ich bin damit einverstanden, dass die Unternehmen der … Versicherungsgruppe (die … Lebensversicherung AG, die … Krankenversicherung AG, die … Versicherung AG, die … Rechtsschutz-Versicherungs-AG) mich zu Versicherungs- und Finanzdienstleistungs-Produkten für mich und meine Familie sowie zwecks Vereinbarung eines persönlichen Termins
▢ Per E-Mail ▢ Per Telefon
kontaktieren und meine nachfolgend angegebenen Daten zu diesem Zweck gespeichert, verarbeitet und genutzt werden.
Aha. Von aktuellen Änderungen des eigenen Versicherungsschutzes ist an dieser Stelle überhaupt keine Rede mehr. Man möchte vielmehr etwas verkaufen. Und dies möchte nicht allein das Versicherungsunternehmen, bei dem man bereits eine Police abgeschlossen hat, sondern jegliche seiner Schwestergesellschaften auch gleich noch. Und weil man bei dieser Versicherungsgruppe so fürsorglich ist, hat ein freundlicher Versicherungs-Mitarbeiter sämtliche Einverständnis-Kreuzchen für alle Werbekanäle schon vorab für den Kunden eingetragen. Wäre ja zu schlimm, wenn er eines vergisst!
Ausgefüllt sind auch schon die persönlichen Daten, die man an alle anderen Konzerngesellschaften weiterzureichen gedenkt. In mahnendem Leuchtgelb angemarkert wurden lediglich die Datenfelder für die Telefonnummer und die E-Mail-Adresse des Kunden, die dieser noch selbst auszufüllen hat, um fürderhin die Rund-um-die-Uhr-Betreuung per Telefon und E-Mail durch die Marketing- und Vertriebsabteilungen von gleich vier Versicherungsgesellschaften genießen zu dürfen.
Danke für diese wunderbaren, persönlichen und unglaublich selbstlosen Geburtstagswünsche, liebe …-Versicherung! Sicherlich hätten nur unverbesserliche Optimisten von einer Unternehmensgruppe, die in den vergangenen Monaten in den Medien primär durch Lustreisen ihres Personals nach Ungarn, Mallorca und Jamaika aufgefallen ist, ein etwas einfühlsameres, kundenorientierteres Direktmarketing erwartet.
Derek Finke
Jens,
mal ganz abgesehen von fehlendem Instinkt und einem offensichtlichen Mangel an ethischen Grundsätzen widerspricht diese Art und Weise des Vorgehens nach meinem Erachten auch dem aktuellen Datenschutzrecht. Wenn mir ein solcher Zettel geschickt wird und schon beide Kreuzchen tatsächlich von denen ausgefüllt sind, ist das nichts weiter als der Versuch, das Opt-In durch ein Opt-Out zu ersetzen.
Interessanter Blog übrigens. Toll finde ich auch die Typofunde. Mach weiter so ;-)
Viele Grüße aus dem Norden,
Derek