Männig

Die Münchner

Leicht hat man es ja nicht als Verleger in diesen Tagen. Dies gilt natürlich ganz besonders für die Verleger von Branchenbüchern, deren Produkte im Zeitalter von Internet und Suchmaschinen schon fast obsolet geworden sind. Deshalb muss auch die Dr. Bringmann & Gessler Verlags GmbH in Grünwald, die das Branchenbuch Die Münchner herausgibt, schon einmal mit härteren Bandagen kämpfen. So hat das Unternehmen bereits im Jahr 2006 gerichtlich erstritten, seine Branchenbücher gleich stapelweise in Treppenhäusern ablegen zu dürfen.

Auf die Interessen des Immobilieneigentümers oder der Mieter muss dabei keine Rücksicht genommen werden, weil, so ließ sich der Verlag vom Gericht bestätigen, das Interesse der Mieter an den Branchenbüchern schlicht vorausgesetzt werden könne und sie nun mal nicht in manchen Briefkästen passten. Die Brand-, Rutsch- und Stolpergefahr oder schlicht unansehnliche Haufen nagelneuen Altpapiers im Treppenhaus begründeten kein ausreichendes Interesses des Hauseigentümers, der auf Unterlassung geklagt hatte.

Doch auch wenn Mieter oder Eigentümer einzelner Wohneinheiten ihre Interessen klar formulieren, sieht man sich bei der Dr. Bringmann & Gessler Verlags GmbH keineswegs zur Rücksichtnahme veranlasst. Und so finden in diesen Tagen wieder zahllose Wohnungsbesitzer das knapp ein Kilo schwere Papiermonster Die Münchner in ihren Briefkästen vor – gleich, ob sie sich den Einwurf von Werbematerialien und kostenlosen Zeitungen verbeten haben oder nicht.

Ein Anruf beim Verlag lässt einen erfahren, dass der Verlag bei sich ein übergeordnetes Interesse des Informierenden hätte, dem sich ein Wohnungsbesitzer nicht einfach so entgegenstellen könne. Man sei berechtigt, sein Papier einzuwerfen, wo man wolle. Selbstverständlich sei es aber den Empfänger freigestellt, den erhaltenen Branchenkatalog wegzuwerfen. Und nein, abholen werde man die überzähligen Kataloge sicherlich nicht, das lohne sich nicht für den Verlag.

So macht der Branchenbuchverlag Dr. Bringmann & Gessler die zunächst per Werbeeinwurf belästigten auch noch zu seinen Komplizen: Die fast 950 Gramm ungenutztes und bunt bedrucktes Altpapier darf er selbst zum nächsten Papiercontainer tragen. Und gleichzeitig übernimmt er damit die Rechtfertigung, dass allein für die Herstellung seines Branchenbuchs über sieben Liter Wasser und etwa 2,5 Kilowattstunden Energie verbraucht wurden, von Druck, Weiterverarbeitung und Logistik ganz zu schweigen.

Und so begibt man sich abermals auf den Marsch zum Altpapiercontainer, vorbei an den Haufen identischer Branchenbücher im Treppenhaus, die andere Bewohner aus ihren Briefkästen kurzerhand auf den Fußboden entsorgt haben. Den Aufwand für den Fußmarsch mag der Verlag dem Empfänger seines Branchenbuchs freilich nicht erstatten, das versteht sich ja von selbst.

Und am Papiercontainer angekommen, muss man dann auch leider unverrichteter Dinge wieder abziehen: Die Branchenbücher stapeln sich nämlich schon bis an die Öffnungen am oberen Rand des Containers. Da waren die Nachbarn wohl wieder mal schneller. Was bleibt ist die Verwunderung über ein Geschäftsmodell, das auf der Belästigung anderer Menschen beruht und bei dem dennoch immer noch Gewerbetreibende bereit zu sein scheinen, Geld für Inserate auszugeben.