Männig

Akzeptanz von Briefkastenwerbung

Nicht erst, seitdem der Axel-Springer-Verlag ganz Deutschland mit einer Jubiläumsausgabe seiner Bildzeitung beglücken möchte, ist die Briefkastenwerbung – gleich ob durch Prospekte, Flugblätter oder kostenlose Werbezeitungen und -Zeitschriften – ein schier unerschöpfliches Diskussionsthema. Werbewirtschaft und Kleinunternehmer halten Werbemittel, die direkt und unadressiert im Briefkasten des Verbrauchers landen, für ein unverzichtbares Mittel zur Ankurbelung der heimischen Wirtschaft. Auf der anderen Seite empfindet jedoch eine immer größere Zahl der potenziellen Empfänger die tägliche, buntbedruckte Werbeflut als eine Belästigung und beschriftet daher seinen Briefkasten mit einem Einwurfverbot. Doch wie hoch sind eigentlich die Werte von Akzeptanz und Ablehnung? Untersuchungen zu diesem Thema, die bisher veröffentlicht wurden, waren meist von der Werbewirtschaft beauftragt und scheinen daher die Stimmung in der Zielgruppe eher positiv darzustellen. Zeit also, sich einmal selbst in der eigenen Umgebung umzusehen, um herauszufinden, wie viele Menschen sich auf ihren tägliche Werbeinput freuen und welche Prozentsatz ihn schlicht ablehnt.

Auf einer ehemaligen Industriefläche einer östlichen Münchner Vorstadt ist ein kleines Wohngebiet mit 242 Wohnungen in 21 Gebäuden entstanden. Die Bauträger haben die Briefkastenanlagen von Beginn an mit Wechselschildern ausgestattet. Die Käufer und Mieter der Wohnungen können frei entscheiden, ob sie eine Plakette mit der Aussage Werbung, ja bitte! oder Werbung, nein danke! in die entsprechende Halterung an ihrem Briefkasten stecken. Damit ist gewährleistet, dass nahezu jeder Bewohner auch tatsächlich eine Entscheidung trifft. Interessant dabei: Bei einer kleineren Zahl der Wohnungen, nämlich bei 37, waren die Schilder bei Bezug der Häuser in die Position Werbung, ja bitte! gesteckt, bei der weit überwiegenden Zahl der Briefkästen fanden die Bewohner beim Einzug die Plaketten mit der Aufschrift Werbung, nein danke! an ihrem Briefkasten vor. Die Einzugsperiode begann mit dem Jahreswechsel 2010/2011, vor etwa einem Jahr waren die Wohnungen annähernd vollständig bezogen. Zeit also für eine Auswertung.

Bei den Häusern, in denen die Bewohner das Schild Werbung, ja bitte! an ihrem Briefkasten vorfanden, beließen 12 der Mieter oder Eigentümer (entsprechend 32,4 %) diese Aussage bestehen. 25 Bewohner (entsprechend 67,6 %) mochten sich mit der Werbung im Briefkasten nicht abfinden. Mehr als zwei Drittel wechselten also im Laufe eines Jahres die vorgefundene Plakette gegen die mit der Aufschrift Werbung, nein danke! aus. In den Häusern, deren Briefkästen schon vorab mit der Aufschrift Werbung, nein danke! ausgestattet waren, beließen es sogar 89,3 % der Bewohner (183 Wohnungen) dabei. Lediglich 5,4 %, also ganze elf der Mieter oder Eigentümer wollten ihre Werbeprospekte so gern erhalten, dass sie die Plakette an ihrem Briefkasten in die Position Werbung, ja bitte! brachten. Weitere elf entfernten die Plakette ganz, in acht Fällen, um dort ein weiteres Namensschild anzubringen, in drei Fällen aus unbekannten Gründen ersatzlos.

Insgesamt lehnen also 86 % der Bewohner dieser neuen Siedlung im Münchner Speckgürtel die Briefkastenwerbung ab, 4,5 % befürworten sie und weitere 4,5 % haben keine evaluierbare Meinung zu diesem Thema. Interessant bleibt jedoch, dass nur eine geringe Quote der Werbeverweigerer, etwa sieben Prozent, ihren Briefkasten zusätzlich mit der Aufschrift Bitte keine kostenlosen Zeitungen einwerfen! versehen hat, um auch von den zahlreichen Werbe-Wochenblättern mit ihren Prospektbeilagen – oder der Jubiläumsausgabe der Bildzeitung – verschont zu werden. Hier stellt sich die Frage, ob diese Blätter tatsächlich so gern gelesen werden oder ob den Verbrauchern lediglich nicht bekannt ist, dass es seit einem Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe im Jahr (Az. 15 U 76/91) dieser expliziten Willensbekundung bedarf.

Fazit: Die Akzeptanz der Zielgruppen ist, was den Empfang von unadressierter Werbung im Briefkasten betrifft, offenbar weiterhin im Sinken begriffen. Kleinunternehmer, Handel und Verteilunternehmen werden sich darauf einstellen und reagieren müssen.