Männig

Über Blogparaden. Und über Saugroboter.

Die Blogosphäre ist ja schon ein bemerkenswertes Biotop, insbesondere im deutschen Sprachraum. Auf kleinstem Raum und mit einer äußerst überschaubaren Anzahl von Protagonisten ist eine eigene Welt entstanden, die ihre jungen Sitten, Gebräuche und Traditionen pflegt. Immer getrieben freilich von dem Gedanken, wie denn der Blogger sein Schaffen und Tun nun endlich zu Geld machen könnte.

Da aber auch einige Exoten aus der Werbewirtschaft im Umfeld der Blogger noch unerschlossene Zielgruppen und Einnahmequellen vermuten, kommt es bisweilen zu seltsamen, unheiligen Allianzen der beiden Fraktionen. Eine besonders beliebte Form dieser Kooperationen zwischen Werbern und der Blogosphäre ist die Blogparade. Dabei heuert in der Regel eine Reklameagentur einen einzelnen Blogger als Sprachrohr an. Der verkündet dann in einem Blogeintrag, alle anderen Blogger hätten jetzt die einmalige Chance, das Produkt X zu gewinnen, wenn sie in ihrem eigenen Blog nur ausführlich genug beschreiben, warum dieses Produkt so besonders, toll, einzigartig und unverzichtbar ist.

Die Gier siegt ja in vielen Fällen über das Hirn, und so scheren sich zahllose Internetschreiber kein bisschen darum, ob ein derartiger Werbeaufsatz in ihr eigenes Blog passt oder gar glaubwürdig wirkt. Schließlich will man es ja haben, das Wochenende im schicken Cabrio, den Zusatzakku für das Trend-Handy oder die digitale Einweg-Videokamera. Dass man sich mit der Teilnahme an derlei albernen Aktionen mit geringstmöglicher Gewinnchance ins eigene Bein schneiden und die eigene Glaubwürdigkeit einbüßen kann, scheint vielen Bloggern gar nicht erst bewusst zu werden.

Viel Freude bereitete mir zum Beispiel in den vergangenen Tagen der Aufruf zu einer Blogparade, in der man die Vorzüge eines vollautomatischen Saugroboters anpreisen sollte, um möglicherweise bald ein solches Gerät sein Eigen nennen zu können. Saugroboter, das sind die Geräte, die unvermittelt im nervösen Zickzack durchs Zimmer lärmen, wenn man gerade Lesen will, die die Katze erschrecken und die sich schon auch gern einmal unter dem Bett oder Schrank verirren und so lange hektisch vor und zurück fahren, bis der Akku auch sein letztes Lebenslicht ausgehaucht hat.

Man fragt sich, ob eigentlich schon je ein solches Saugwunder aus eigener Kraft seinen Weg zurück in die Ladestation gefunden hat. Überdies neigen derartige Geräte ja leider dazu, sich zu große Aufgaben vorzunehmen. Ein Bekannter fand seine elektrische Haushaltshilfe skandinavischer Provinienz eines Abends mit durchgebranntem Motor vor. Sie hatte sich in seiner Abwesenheit wohl zu ausgiebig an den herunterhängenden Blättern einer Monstera deliciosa gütlich getan und war schließlich an ihrer Gier (sic!) verendet. Insgesamt scheint es, dass die Mehrzahl dieser vollautomatischen Roboter einen Großteil der Zeit von ihren Besitzern wie kranke Kinder durch die Wohnung getragen werden müssen.

Zurück zur Blogparade. Dass Unternehmen und Agenturen die Konsumenten als Werbetreibende für mehr oder weniger sinnvolle Produkte, Dienstleistungen oder Einzelhändler einspannen, ist offenbar keine ganz neue Idee. Und so beschreibt ein gewisser Peter Panther in einem Artikel namens Die Reportahsche in der Weltbühne vom 27. Januar 1931 einen Fall, der sich schon zu Beginn des letzten Jahrhunderts ereignet hatte:

Vor dem Kriege hat einmal die Kaffee-Firma Tengelmann ein Preisausschreiben in die Zeitungen gesetzt; sie wollte ein kurzes Gedicht für ihre Reklamen haben: die Firma sollte darin genannt sein, die Vorzüglichkeit ihrer Produkte, ihre Tee- und Kaffeeplantagen und das alles in gefälliger, gereimter Form.

Der große Schauspieler Victor Arnold gewann zwar den Preis nicht – aber er hatte einen der schönsten Verse gefunden. Und der hieß so:

Mein lieber guter Tengelmann!
Was geht denn mich dein Kaffee an
und deine Teeplantage –
Ach ... !

Bei diesem Peter Panther handelte es sich natürlich um niemand anderen als um Kurt Tucholsky.