Männig

Rauchverbot: Ein demokratischer Stolperstein

Seit vielen Jahren ist in der Lebensmittelverarbeitung das Rauchen aufgrund verschiedener Vorschriften und Verordnungen untersagt. Dies wird auch von einem Großteil der Tabakabhängigen, die in Deutschland immerhin noch fast ein Viertel der Gesamtbevölkerung stellen, für gut und richtig empfunden. Ebenso bestimmt die Arbeitsstättenverordnung, dass Arbeiter und Angestellte wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Tabakrauch geschützt werden müssen. Auch dies wird von Rauchern, die vielleicht an ihren Arbeitsstätten gern selbst rauchen würden, noch akzeptiert, wenn auch bisweilen mit einigem Zähneknirschen.

Umso mehr erstaunt es, dass die Diskussion um Rauchverbote in der Gastronomie kein Ende nehmen will. In der Lebensmittelverarbeitung und am Arbeitsplatz wird eine rauchfreie Umgebung als selbstverständlich akzeptiert, aber wo Lebensmittel konsumiert werden und Menschen an der Theke und im Service ihrer Arbeit nachgehen, soll Tabakkonsum plötzlich unabdingbar, ja Teil der unverzichtbaren abendländischen Kultur sein?

Die Regierung des Freistaats Bayern bewies in dieser Sache nicht die vielzitierte Liberalitas Bavariae, sondern schlicht unfassbare Orientierungslosigkeit: Das zum 1. Januar 2008 in Kraft getretene strenge Rauchverbot wurde zunächst – von Politik und Ordnungsbehörden geduldet – mit Hilfe so genannter Raucherclubs massiv ausgehebelt, im August 2009 sogar weitgehend wieder außer Kraft gesetzt. Die Lobbyinteressen der Tabakindustrie und verschiedener dubioser Vereine hatten vorerst gesiegt.

Nun also das Volksbegehren, mit dem nach Wunsch der Initiatoren die ursprüngliche Rechtslage wieder hergestellt werden soll. Dass ausgerechnet eine Randgruppenpartei wie die ÖDP es schafft, 13,9 % der Wahlberechtigten zu mobilisieren, ist mehr als aussagekräftig. Schließlich hatte diese Partei bei der Bundestagswahl vor wenigen Wochen gerade mal 1,1 % der bayerischen Stimmen für sich verbuchen können. Der seit über 50 Jahren staatstragenden CSU und ihrem frisch gebackenen Koalitionspartner FDP bläst nicht nur der Wind der Basis, sondern auch der Wunsch nach guter Luft ganz gehörig ins Gesicht.

Die Regierenden geben sich jedoch bis jetzt desinteressiert oder bedeckt. Während der bayerische Innenminister Joachim Herrmann sich im Rundfunk dagegen ausspricht, den Gesetzesvorschlag des Volksbegehrens im Landtag zu übernehmen, lässt ein FDP-Vertreter nur lapidar wissen, man nehme zur Kenntnis, dass das Volksbegehren die Hürde der Mindestbeteiligung überschritten habe.

Wie geht‘s also weiter? Stimmt der Landtag dem vom Volksbegehren vorgeschlagenen Gesetzesentwurf nicht zu, so kommt es zu einem Volksentscheid, bei dem mit einfacher Mehrheit entschieden würde. Vor dem Hintergrund, dass nun aber einmal drei Viertel der Bayern Nichtraucher sind, sich eine rauchfreie Umgebung wünschen und dies bei einer freien und geheimen Wahl auch zu Ausdruck bringen werden, können Landtag und Staatsregierung bei einer basisdemokratischen Entscheidung nur verlieren.

Neben der Tatsache, dass sich durch einen Volksentscheid offenbaren würde, dass die Volksvertreter nicht im Sinne des Volkes zu entscheiden in der Lage sind, entstünden weitere, hohe Kosten für die Durchführung des Volksentscheids selbst. Regierung und Parlament wären also gut beraten, jetzt zurückzurudern, ihren Fehler zuzugeben und im Sinne der Bevölkerung zu entscheiden, bevor die Volksseele wirklich hochkocht und ihre demokratischen Vertreter ernsthaft in Frage stellt. Den eigenen Stolz jetzt zu überwinden, wäre sicher für die Regierungsparteien CSU und FDP das kleinere Übel.

Ganz bewusst habe ich mich in diesem Beitrag nicht mit der Argumentation beschäftigt, mit der die Debatte über Rauchverbote jetzt, wie auch seit vielen Jahren geführt wird. Wer sich dafür interessiert, findet eine große Zahl an fundierten Materialien und Informationen beim WHO-Kollaborationszentrum Tabakkontrolle.