Immer wieder werde ich auf das internetbasierte Zahlungssystem Flattr hingewiesen, lasse mir erklären, welch tolles Angelegenheit dies doch sei und wie schön es sei, Blogger und wen auch immer per Mausklick mit Kleinbeträgen zu bedenken und selbst ebensolche von Lesern der eigenen Elaborate zu erhalten. Die Mehrheit der begeisterten Flattrer gibt an, sich die Einnahmen aus dem System gar nicht auszahlen zu lassen, sondern gleich wieder in Flattr – per Klick hier und Klick da – an andere Teilnehmer des Systems weiterzureichen.
Allein, der Charme dieses Systems erschließt sich mir auch nach wiederholtem Überdenken und unter Zuhilfenahme meiner etwas angegrauten Kenntnisse in Betriebswirtschaft und wirtschaftlichem Rechnungswesen noch immer nicht. Gehen wir doch einfach exemplarisch einmal von einem Neu-Flattrer aus, der im Januar eines Jahres mit 25 Euro in das Zahlungssystem einsteigt. Nehmen wir der Einfachheit halber außerdem an, dass unser Flattrer in jedem Monat stets den gleichen Betrag über Flattr einnimmt, den er selbst mit seinen Klicks verflattrt. Die Flattr-Gebühren auf alle Einnahmen betragen 10 %. Daraus ergibt sich folgende Rechnung:
Monat | verflattrt | Einn. brutto | 10% Gebühr | Einn. netto |
---|---|---|---|---|
Januar | 25,00 | 25,00 | 2,50 | 22,50 |
Februar | 22,50 | 22,50 | 2,25 | 20,25 |
März | 20,25 | 20,25 | 2,03 | 18,23 |
April | 18,23 | 18,23 | 1,82 | 16,40 |
Mai | 16,40 | 16,40 | 1,64 | 14,76 |
Juni | 14,76 | 14,76 | 1,48 | 13,29 |
Juli | 13,29 | 13,29 | 1,33 | 11,96 |
August | 11,96 | 11,96 | 1,20 | 10,76 |
September | 10,76 | 10,76 | 1,08 | 9,69 |
Oktober | 9,69 | 9,69 | 0,97 | 8,72 |
November | 8,72 | 8,72 | 0,87 | 7,85 |
Dezember | 7,85 | 7,85 | 0,78 | 7,06 |
Ende Dezember, also binnen eines Jahres, hat unser Flattrer also von seinen ursprünglichen 25 Euro noch genau 7,06 Euro, und der Rest in Höhe von 17,04 Euro ist nicht etwa bei anderen Teilnehmern des Systems gelandet, sondern wurde bei der Flattr AB in Schweden als Einnahmen verbucht. Und diese Rechnung dürfte für den Großteil der Flattrer noch optimistisch sein, ziehen doch einige Großblogger und -podcaster, die oft mit Flattr-Klicks bedacht werden, hin und wieder noch etwas Geld aus dem System.
Kann mir vor dem Hintergrund dieser Kalkulation jemand erklären, wo mein Denkfehler liegt oder was an diesem System so vorteilhaft für die Nutzer ist?
Markus
Die Kalkulation stimmt in diesem speziellen Fall natürlich. Wahrscheinlich wird aber ein Großteil derer, die 100% wieder raushauen, selbst nur einen kleinen Euro- oder gar Centbetrag “einnehmen”. Subjektiv habe ich den Eindruck, dass es ziemlich viele Menschen gibt, die selbst nichts (oder sehr, sehr wenig) über Flattr einnehmen und die Plattform nur dazu nutzen, die “Contentschaffenden” zu unterstützen.
Menschen, die monatlich sehr viele Flattr Klicks erhalten, verwenden vermutlich nur einen kleineren Prozentsatz der Einnahmen zum selbst flattern und nehmen das Geld somit aus dem System.
kalei
Danke für die einleuchtende Erklärung!
Flattrs eigene Aussage dazu ist, dass Zirkulieren des Geldes nicht die Idee ist. Ich war auch geschockt, als ich realisiert habe, dass die 10% Gebühren jeden Monat auf alles zirkulierende Geld erhoben wird, sodass es über die Zeit von Flattr “aufgesaugt” wird. Dieses Prinzip zu verstehen und eben eigene Einnahmen abzuheben ist dann auch die einfache Lösung/Umgehung des Problems. Was auch wieder Flattrs Ziel entspricht, für Bezahlung der Inhalteproduzenten zu sorgen.
Wär’ vllt. schöner, wenn die 10% Gebühr nur beim Ein- oder Auszahlen erhoben würde, anstatt auf das zirkulierende Geld.
Frank Bind
Seh ich auch so am vernünftigsten würde Flattr funktionieren wenn nur bei der Auszahlung 10% erhoben würden. Dann würde auf das Geld nur einmal 10% anfallen, wenn es den Kreislauf wieder verläßt. Es würde nicht ständig durch Zinseszins zirkulierendes Flattrkapital vernichtet.
Davon könnte Flattr immer noch gut existieren, und gezahlt würde nur von jemand der auch genug Einnahmen hat um sie aus dem System zu ziehen.