Auch mehrere Jahrzehnte nach der flächendeckenden Einführung von Computersystemen scheint das vielzitierte papierlose Büro noch nicht in greifbare Nähe gerückt zu sein. An der überwiegenden Zahl der Schreibtisch-Arbeitsplätze dominieren Archivschränke, Leitzordner, Hängehefter und Haftnotizzettel das Bild. Entsprechend schwierig gestaltet es sich trotz Computervernetzung und Ablagemöglichkeiten in der Cloud, schnell von überall her auf archivierte Dokumente zuzugreifen. Neben der Unsitte des Ausdruckens aller Schriftstücke liegt ein weiterer Kernpunkt des Debakels darin, dass eingehende Papierdokumente nicht konsequent eingescannt und die Originale vernichtet werden.
So scheiterten auch in meinem eigenen, überschaubaren Büro frühe Versuche mit einem exorbitant teuren, monströsen und langsamen Agfa-Flachbettcanner mit SCSI-Anschluss. Ein später angeschaffter, früher Fuji ScanSnap schien die Lösung des Problems schon in greifbare Nähe gerückt zu sein. Allerdings zeigte sich der Feeder des kompakten Geräts dann doch größeren Papiermengen regelmäßig nicht gewachsen. Ungescannte Seiten, zerknittertes Papier und eine verstopfte Papierführung waren häufig die Folge. Blieb also der kleine, ausschließlich per USB versorgte Canon-Flachbettscanner, einst für ganze 116 Mark erworben, als zuverlässiger aber mühselig zu bedienender und langsamer Partner am Arbeitsplatz.
Seit kurzem hat nun mit dem DoxieGo ein kleines Wunderwerk an meinem Schreibtisch Einzug gehalten. Das Gerät misst nur 26,7 x 4,4 x 5,6 Zentimeter und wiegt gerade einmal 400 Gramm. Damit findet es bequem in jeder Schreibtischschublade Platz, bis es benötigt wird. Soll er zum Einsatz kommen, beispielsweise, weil der tägliche Posteingang zu scannen ist, dann startet der DoxieGo mit einem Druck auf die einzige Bedientaste und ist innerhalb weniger Sekunden arbeitsbereit. Standardmäßig scannt das Gerät mit 300 dpi, kann jedoch mit einem weiteren Druck auf die Bedientaste auf 600 dpi umgestellt werden. Bei der Normalauflösung benötigt der Apparat acht Sekunden, bis eine A4-Seite durchgelaufen ist.
Dabei ist der DoxieGo frei von jeglichen Anschlüssen. Er verfügt über einen Akku und liest die gescannten Daten in seinen internen Speicher ein. Dieser soll für etwa 600 gescannte Seiten ausreichen, was jedoch in der Praxis eher unrelevant ist, weil der Akku bereits nach etwa 100 Seiten aufgeladen werden will. Da dies am USB-Anschluss des Rechners erfolgt, bietet es sich natürlich an, bei dieser Gelegenheit auch gleich die erfassten Daten zu synchronisieren. Dies erledigt man mit einer sympathischen und äußerst einfach zu handhabenden Software, die vor der Inbetriebnahme des kleinen Scanners von der Webseite des Anbieters herunterzuladen ist.
Die in der App angezeigten Einzelseiten können mit der Staple-Funktion mit wenigen Mausklicks zu einem Gesamtdokument zusammengefasst werden. Danach speichert die Doxie-Software die Dokumente im JPEG- oder PNG-Format – oder selbstverständlich als PDF-Datei, optional auch als durchsuchbare mit eingebetteten Texten, da das Programm auch über eine leistungsfähige OCR-Funktion verfügt. Alle wichtigen Funktionen sind auch über Tastaturkürzel schnell aufzurufen. Die App ist für Mac und Windows verfügbar und beherrscht neben der lokalen Ablage auch das Hochladen der Dateien zu Dropbox, Google Docs, CloudApp, Flickr und Evernote, sowie das verschicken per E-Mail.
Neben dem USB-Anschluss zum Aufladen und Synchronisieren besitzt der DoxieGo noch eine weitere USB-Buchse, die einen Speicherstick aufnehmen kann, sowie über einen SD-Karten-Slot. Ist dort ein Speichermedium eingesteckt, so speichert der Scanner seine Daten nicht im internen Speicher, sondern automatisch als Bilddateien im JPEG-Format auf dem Stick oder auf der Flashkarte. Ein Austausch mit anderen Geräten ist damit leicht gewährleistet, ja, man muss noch nicht einmal einen Computer dabei haben, wenn man den DoxieGo einsetzen will.
Im Alltagsbetrieb zeigte sich bislang nur eine einzige Schwachstelle: Die manuelle Papierzuführung erfordert eine gewisse Sorgfalt, wenn man auf gerade gescannte Seiten wert legt. Beim Auspacken des Geräts erwiesen sich außerdem die auf seiner Oberfläche angebrachten Schutzfolien als so gut haftend, dass sich die aufgedruckte Typenbezeichnung beim Abziehen gleich teilweise mit ablöste. Mit welcher Haltbarkeit der fest verbaute Akkusatz, eine typische Achillesferse derartiger Geräte, aufwarten kann, wird die Zeit zeigen müssen. Zumindest ist das Gehäuse verschraubt und damit für eventuelle Wartungs- oder Austauscharbeiten zugänglich.
Freilich: Der kleine DoxieGo ist kein Hochleistungs-Scanner für die ganze Abteilung. Wer aber zeitnah die ständig eingehenden Papierdokumente an seinem Arbeitsplatz erfassen und weiterverarbeiten möchte, der wird an diesem kompakten Gerät nicht nur viel Spaß haben, sondern auch seine Produktivität fühlbar steigern können – vorausgesetzt, die entstandenen Dokumente werden sofort getaggt oder zumindest systematisch abgelegt. Der DoxieGo ist bei Amazon für knapp unter 200 Euro zu haben. Weitere Informationen gibt es auf der Webseite des Herstellers.
Dieter Mueller
Danke für den Test – klingt gut! Mal schauen, wie die Windows-Software aussieht, da ich auch mehr Dokumente scannen möchte, aber der olle Zyklop zu umständlich ist.
angela
Lieber Jens,
das ist aber ein hübsches Ding und so schön platzsparend …
Bevor ich einen Händler meines Misstrauens frage, frage ich lieber dich:
1. Ist maximal A4 möglich, oder darf es etwas breiter sein?
2. Wenn ich ein sauberes, ungeknicktes Zeugnis einlege, habe ich hinterher immer noch ein solches?
3. Und sind die Scans durchgehend weiß oder gibt es unerwünschte Verläufe im Hintergrund?
Am Rande (des Nervenzusammenbruchs): Wenn ich dir eine bunte bemalte originale Postkarte schicke, scannst du die auch ein und wirfst sie anschließend weg? – Liebe Grüße, angela (vermutlich entsetzt)
Jens Arne Männig
1. Die maximale Einzugsbreite beträgt laut Hersteller 8,5 inches, das sind 21,6 cm. das sind 0,6 cm mehr als A4-Breite.
2. Ja. Bereits vorhandene Eselsohren an der Oberseite mag das Gerätchen allerdings nicht. In diesem Fall mit der Fußseite zuerst einziehen und danach per Software drehen.
3. Wenn die Originalseiten weiß sind, sind es die Scans auch. Sollte das mal nicht der Fall sein, dann einfach den DoxieGo neu kalibrieren. Ein besonderer Kartonstreifen zum Kalibrieren liegt dabei.
Besondere Postkarten hebe ich zunächst pietätvoll etwas auf. Zu diesem Behufe verfüge ich über eine Schublade, in die ich alles hineinwerfe, mit dem ich nicht weiß wohin. In regelmäßigen Zeitabständen wird der Bestand dieser Schublade aber auch wieder reduziert. Meine Bereitschaft, für die Lagerung zugesandter Postkarten Magazine, Silos oder auch nur größere Wohnungen anzumieten, hält sich in relativ engen Grenzen.
angela
Lieber Jens,
vielen Dank für die dezente Beratung. Den einzigen Nachteil sehe ich jetzt noch darin, damit keine Bücher scannen zu können. Aber wer scannt schon Bücher.
Mit Postkarten halte ich es, das muss ich leider zugeben, ähnlich.
Matthias
Danke für den Test, allerdings such ich das papierlose Büro auch schon seit mehreren Jahren… Aber spätestens an den Unterlagen für das Finanzamt scheitert das Ganze – zumindest wenn man keine Glaskugel hat und nicht weiß, welche Datenformate wir in zehn Jahren haben werden…
Schöne Grüße
Matthias