Wieder einmal haben uns die deutschen Leitmedien mit Themen überrascht, mit denen so niemals irgendjemand rechnen konnte:
Schock Nummer 1
In der industrialisierten Landwirtschaft haben mittlerweile schier undurchdringliche Handelsstrukturen Einzug gehalten. Innerhalb dieser Strukturen bringen kriminelle Elemente vermehrt Giftstoffe in die Lebensmittelketten ein, um ihre Gewinne zu maximieren. Schuld daran, so weiß die Bundesministerin für Verbraucherschutz zu berichten, sind natürlich die Verbraucher selbst. Zur Erinnerung: Die Ministerin trägt in ihrem Amt natürlich auch die Verantwortung für die Landwirtschaft. Freilich wird aus dem Ministerium eilig dementiert, dass hier ein Interessenskonflikt vorliegen könnte. Dennoch: Die katholische Ministerin gehört einer christlichen Partei an. Und gleich mehrere Gründerväter ihrer religiösen Gruppierung haben zu diesem Verhalten klare Worte gefunden. Ob die Ministerin je davon gehört hat?
Schock Nummer 2
In unserer Armee geht es zu wie in einer Armee. In Afghanistan erschießt schon mal ein Soldat beim herumblödeln mit der Waffe versehentlich einen anderen Soldaten. Und auf dem Schulschiff Gorch Fock, dem Stolz der Kriegsmarine in der militärischen Tradition Kaiser Wilhelms des Zweiten, herrschen Drill und die Demütigung der militärischen Auszubildenden. Und so etwas bei den Soldaten! Das konnte ja nun keiner jemals erahnen. Geradezu drollig nehmen sich jedoch Eltern aus, die zunächst freudig ihre Kinder als Kanonenfutter freigeben und dann, wenn sie den vorgezeichneten Weg der Soldaten gehen, den Staat verklagen. Nicht zu vergessen: Alle Ereignisse lagen zum Zeitpunkt ihres Publikwerdens natürlich schon monatelang zurück.
Schock Nummer 3
In Strukturvertrieben, auch bekannt als Pyramiden-Vertriebssysteme oder Multi-Level-Marketing, wird mit harten Bandagen gekämpft. Na sowas. Und das ausgerechnet bei einem Gewerbe, das sich bei genauerer Betrachtung der Gesetzeslage ohnehin zum allergrößten Teil außerhalb des legalen Rahmens befindet. Nachdem der bekannteste Protagonist des Schneeballmarketings aber längst sein Netz mit der Politik eng verwoben hat, ist es doch verwunderlich, mit welcher Akribie sich ausgerechnet der Staatsfunk sich nun plötzlich dieses Themas annimmt.
Schock Nummer 4
Die bösen Hacker-Terroristen haben wieder einmal einen der Grundpfeiler unserer systemtragenden Wirtschaftsordnung angegriffen. Diesmal hat es den Emissionsrechtehandel getroffen. Die Medien überschlagen sich schier vor Aufregung und die Wirtschaftspresse liefert Lösungsvorschläge zur Verbesserung des Systems gleich mit. Was allerdings fast durchgehend verdrängt wird: Das gesamte System des Emissionsrechtehandels ist auf der zutiefst unethischen Prämisse aufgebaut, es sei das gute Recht der Industrie, zur Steigerung der Profite ihrer Shareholder die elementaren Ressourcen der Allgemeinheit zu vergiften. Das Reduzieren der ausgestoßenen Giftmenge, so hat es die Politik im Sinne der Wirtschaftsunternehmen festgelegt, ist nicht etwa eine Verpflichtung und Selbstverständlichkeit, sondern bereits wieder ein Wirtschaftswert in sich. Und senkt ein Unternehmen die Giftmenge, die es in die Atemluft bläst, so darf selbstverständlich ein anderes Unternehmen seinen Schadstoffausstoß um die gleiche Menge erhöhen. Was der Bürger, Steuerzahler und Verbraucher von der ganzen Sache hat? Nichts natürlich, warum auch.
Soweit also die Top-Meldungen der Woche. Und in der nächsten Woche beschäftigen wir uns mit der Frage, warum die Leser eigentlich immer weniger gewillt sind, für diesen hervorragend recherchierten Journalismus unserer Qualitätsmedien Geld auszugeben.
Markus Petsch Consiliarius
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Danke für die treffenden Worte und schöne Beschreibung des IST Zustandes der “Medien” und “ihrer Themen”.
HG Markus
Jens Arne Männig
@ Markus
Ich schreibe hier, was mir durch den Kopf geht. Weil es mir beim Denken hilft. Wenn es jemand liest, freue ich mich, wenn konstruktiv kommentiert wird, noch mehr. Ihr schenkt mir eure Aufmerksamkeit, das ist genug. Geld möchte ich für meine thoughts at work keines. Wenn jemand hier Interesse bekommen hat und es etwas an anderer Stelle zu denken, entwickeln oder schreiben gibt, mache ich aber natürlich gern ein Angebot.