Kaum ein Smartphone-Besitzer ist wohl mit der Laufzeit des Akkus seines Geräts wirklich zufrieden. Grundsätzlich schon viel zu früh drohen gerade die modernsten Geräte an, dass nun nur noch 20 oder gar zehn Prozent der Batteriekapazität vorhanden sind. So sucht man gezwungenermaßen immer wieder nach Möglichkeiten, sein Gerät auch zwischendurch einmal aufzuladen. Und wie schön wäre es doch, dies obendrein völlig unabhängig und öko-korrekt mit Sonnenlicht zu bewerkstelligen. Dies dachte sich wohl auch die geschätzte Textzicke, als sie heute morgen fragte:
Taugt das was? Von den technischen Daten her? Für den Preis? http://www.groupon.de/deals/online-deal/WoTra-Product/10695213?nlp=&CID=DE_CRM_1_0_0_267&a=1655
Das Angebot und die Beschreibung des Solar-Ladegeräts klingen zunächst einmal beeindruckend: Für nur 17,90 Euro statt des regulären Preises von 49 Euro erhält man das Gerät, bei dem einfach nur Licht nötig ist, um in 14-16 Stunden das nach frischer Energie dürstende Endgerät wieder in Schwung zu bringen – so zumindest der Werbetext. Konkretere Aussagen liefern die technischen Details:
- Solar Panel (mono-crystallin): 5.5v/30ma (0.125W)
- Lithium-Ionen-Polymer-Akku: 410 mAh
- Output: 5V /400- 800 mAh
- Input: 5V±0.5 / 500 mAh
Spätestens an dieser Stelle ist es angebracht, sich die eigenen Physikkentnisse aus der achten oder neunten Klasse wieder einmal ins Bewusstsein zu holen. Die Stärke des Ladestroms, den das Solarpanel des Ladegeräts liefert, beträgt also 30 Milliampere (mA). Dies ist natürlich der Wert bei optimalen Lichtverhältnissen. Ist es nicht ausreichend hell, dann stellt die kleine Solareinheit natürlich nur einen entsprechend geringeren Ladestrom zur Verfügung. Zum Vergleich: Das einem iPhone beiliegende USB-Stecker-Ladegerät liefert 1 Ampere oder 1.000 mA, die USB-2.0-Schnittstelle eines Computers immerhin noch 500 mA.
Auf der anderen Seite hat beispielsweise der Akku eines iPhone 4 ein Ladungsspeichervermögen von 1.420 Milliamperestunden (mAh)(1). Wie lange das Ladegerät theoretisch braucht, um den Akku zu laden, ist aus den beiden Werten leicht zu berechnen:
1.420 mAh ÷ 30 mA = 47,33 h
Über 47 Stunden kontinuierlichen Sonnenschein würde man also mit dem Solarpanel dieses Ladegeräts benötigen, um ein iPhone vollständig aufzuladen. Der Praktiker weiß allerdings, dass dieser Wert blanke Theorie ist. Jeder hat schon einmal an Ladegerät oder Akku gefasst und festgestellt, dass beim Laden einiges an Wärme freigesetzt wird. Insbesondere bei preiswerten Geräten kann die tatsächlich für die Akkuladung verwertete Leistung auf bis zu 50 Prozent sinken. In diesem Fall wäre dann der Akku erst nach fast 95 Stunden oder knapp vier Tagen aufgeladen – sofern die Sonne rund um die Uhr scheint.
Aber halt, das günstige Ladegerät verfügt ja auch noch über einen eingebauten Akku, der den erzeugten Strom speichern kann, bis dieser benötigt wird. Doch die genauere Betrachtung zeigt: Der kleine Stromspeicher hat mit 410 mAh nicht einmal 29 Prozent des Speichervermögens einer iPhone-Batterie. Nachdem der interne Akku des Ladegeräts in bestenfalls knapp 14 Sonnenscheindauer aufgeladen wurde, wird er in der Praxis den Füllstand des iPhone-Akkus mit etwas Glück kurzfristig um 20 Prozent seines gesamten Speichervermögens verbessern. Ein Tropfen auf den heißen Stein, insbesondere deshalb, weil innerhalb dieser Ladezeit ja auch wieder einiges an Ladung für den Betrieb des Smartphones entnommen wird.
Vor dem Hintergrund dieser einfachen Rechnung erstaunt es wenig, das ein solches Gerät zu einem sehr günstigen Preis angeboten wird. Wirklich glücklich wird, schon aufgrund der Betrachtung der nackten Zahlen, damit nämlich niemand werden. Und da vermutlich bei der Herstellung der Solareinheit mehr Energie investiert wurde, als diese selbst jemals mit Hilfe des Sonnenlichts wieder liefern wird, überzeugt hier auch das ökologische Deckmäntelchen nur wenig. Da ist es schon fast müßig, zu erwähnen, dass dieses Solar-Ladegerät im Netz auch nirgends zum angegebenen Originalpreis von 49 Euro zu finden ist oder war.
Fazit
Finger weg von solchen Sonderangeboten!
Alternative
Bei mir hat sich das simple und robuste Gum Pro von Just Mobile bewährt. Der Listenpreis des in schlichtes, schwarzes Plastik gehüllten Geräts beträgt 50 Euro, im Netz ist es jedoch schon ab 30 Euro zu haben. Die 4.400 mAh der Akkus schaffen es in der Praxis, ein leeres iPhone mindestens zweimal wieder aufzuladen. Neu gefüllt wird der Zusatzakku mit dem Smartphone-Netzteil oder am USB-Port des Desktop- oder Notebookrechners.
-
iPhone 4S: 1.430 mAh, iPhone 5: 1.440 mAh ↩
Aron
Danke für den Artikel!
Würdest du dir unter den Kriterien dieses Gerät nochmal anschauen?
https://www.changers.com/en
Jens Arne Männig
Das Marketing für dieses Produkt zeigt ja bereits, dass hier socialnetworkende LOHAS angesprochen werden sollen. Ein Pragmatiker würde so rechnen: Für die Preisdifferenz zwischen Gum Pro und dem Changers Starter Kit von 90 Euro könnte man den Gum Pro bei den derzeitigen Strompreisen mehr als 15.000 Mal aufladen – natürlich nur rein theoretisch. Dafür kriegt man aber natürlich nicht das unvergleichliche Wohlgefühl, ein Zeichen gegen den Klimawandel gesetzt zu haben.
Oder anders: Die edle Changers-Community hat bis heute mit ihren unermesslichen Bemühungen insgesamt so viel CO2 eingespart, wie Herr Müller mit seinem Porsche Ceyenne auf knapp 160 Kilometern durch den Auspuff bläst. Bei dieser Rechnung hat man allerdings noch geflissentlich vernachlässigt, welcher CO2-Ausstoß bei der Herstellung der Solar-Ladegeräte und deren Transport nach Europa entstanden ist. Man muss wohl schon eine ganz besondere Art von Weltverbesserer sein, um solche Produkte zu mögen …
Aron
Warum denn plötzlich so unsachlich? :)
Ich wollte eigentlich nur wissen, wie sich der Changers technisch vom Gum Pro unterscheidet.
Und ja, ich denke auch, dass die CO2-Emission bei der Produktion das Milchmädchen in diesen Rechnungen ist. Und hier biete sich – aus meiner Sicht – auch die Chance für “Premium”-Produkte. Für ein Produkt was CO2-arm produziert wurde (was auch immer das heißt), wäre ich durchaus bereit ein paar Euro mehr hinzulegen.
Aber so weit sind wir bei den derzeitige Produktions- und Lieferketten möglicherweise noch nicht…