Eine unserer größten Sorgen der vergangenen Jahre: Das CO₂, auch Kohlendioxid oder – wissenschaftlich richtig – Kohlenstoffdioxid genannt. Zwar ist das farb- und geruchlose Gas ein natürlicher Anteil der Erdatmosphäre und für Tiere bei ihrer Zellatmung, wie auch für Pflanzen bei der Photosynthese unabdingbar, dennoch stehen in der öffentlichen Diskussion der letzten Jahre die Risiken des Kohlendioxids im Vordergrund. Vor einiger Zeit hat man nämlich erkannt, dass es sich bei den Molekülen aus einem Kohlenstoff- und zwei Sauerstoffatomen um ein Treibhausgas handelt. Diese Gase absorbieren in der Atmosphäre einen Teil der von der Erde abgegebenen Infrarotstrahlung und halten so unseren Planeten warm.
Da aber CO₂ bei jeder Verbrennung von kohlenstoffhaltigen Substanzen generiert wird, ist sein Anteil in der Erdatmosphäre im Laufe der vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Denn schließlich verbrennen Menschen zunehmend Stoffe wie Erdöl, Erdgas, aber auch Holz und Kohle, um ihren Lebensstandard zu steigern und die Produkte für den wirtschaftsfördernden und damit unabdingbaren Konsum zu erzeugen. Dieses Mehr an CO₂ sorgt wiederum für eine weitere Erwärmung der Oberfläche des Planeten, die den Menschen in den Industrieländern zunehmend Sorgen macht. Denn was nützt schon eine hübsche Stadt wie Hamburg, wenn sie plötzlich aufgrund abgeschmolzener Gletscher und Polkappen dreißig Meter unter dem Meeresspiegel liegt?
Das ganz natürliche Kohlendioxid ist also plötzlich schädlich, ja böse geworden und es gilt, es zu bekämpfen. Der Kraftstoffverbrauch eines Autos ist heute nicht mehr der Maßstab, sondern dessen CO₂-Ausstoß. Ebenso muss bei jeder Konsumaktivität berechnet werden, welche zusätzliche Belastung des Treibhausgases sie verursacht. Flugreisende, die besonders viel Kohlenstoffdioxid verursachen, können Ablassbriefe erwerben, deren Ertrag, so hofft man zumindest, in Umweltprojekte und in die Erhaltung tropischer Regenwälder fließt. Und die EU-Richlinie 2009/31/EG verpflichtet europäische Staaten, CO₂ in großen Mengen durch so genannte Verpressung unterirdisch endzulagern.
Sträflich vernachlässigt von all diesem Umweltbewusstsein wurden jedoch bislang die Liebhaber kohlensäurehaltiger Getränke. Denn was ist es, das fröhlich aus Bier, Cola, Champagner aber auch aus trendigem Mineralwasser in schillernden Flaschen heraussprudelt? Es handelt sich auch hier um nicht anderes als das böse Klimagas CO₂, das gewissenlose Menschen aus Genusssucht, ohne nachzudenken, in unsere labile Erdatmosphäre entweichen lassen. Doch halt, zumindest für die Wassertrinker, die auf das gewohnte Blubbern im Glas nicht verzichten können, ist jetzt Abhilfe in Sicht!
Kein anderer als die SodaStream GmbH, Marktführer für Haushalts-Trinkwassersprudler hat nämlich jüngst ein bahnbrechendes Produkt auf den Markt gebracht. Die 425-g-CO₂-Patronen des Limburger Anbieters, bislang in unprätentiösem Blau im Handel, erstrahlen nämlich seit Neuestem in umweltfreundlichem Grün. Sodastream Natural lautet nun der Name des Treibhausgases aus der Aluflasche, deren Inhalt an CO₂ ungefähr dem entspricht, was ein ausreichend motorisierter Porsche Cayenne auf eineinhalb Kilometern ausstößt.
Die, so das Etikett, natürliche Kohlensäure aus Bad Driburg wird laut Webseite des Anbieters aufwändig in 3.000 bis 4.000 Metern Tiefe aus vulkanischem Gestein gewonnen, also genau dort, wo die EU-Behörden sie gern mit noch viel größerem Aufwand wieder entsorgen würden. Natürliche Kohlensäure aus vulkanischem Gestein, so erfährt man ebenfalls auf der Sodastream-Webseite, ist gesund, denn sie belebt die Atmung und das Nervensystem. Und nur sie sorgt für ein frisch-prickelndes, natürliches Geschmackserlebnis wie es die Mehrzahl der deutschen Verbraucher liebt.
Da erstaunt es dann schon, wenn man bei Wikipedia die Nebenwirkungen des Ökogases aus Limburg an der Lahn erkundet. Kohlenstoffdioxid, so erfährt man dort, kann zur Verminderung oder Aufhebung des reflektorischen Atemanreizes, zunächst zur Atemdepression und schließlich zum Atemstillstand führen. Ab etwa fünf Prozent Kohlenstoffdioxid in der eingeatmeten Luft treten Kopfschmerzen und Schwindel auf, bei höheren Konzentrationen beschleunigter Herzschlag (Tachykardie), Blutdruckanstieg, Atemnot und Bewusstlosigkeit, die so genannte Kohlenstoffdioxid-Narkose. Kohlenstoffdioxid-Konzentrationen von acht Prozent führen innerhalb von 30 bis 60 Minuten zum Tod.
Mit Verlaub, liebe Marketingabteilung der SodaStream GmbH, das ist das dümmste Naturprodukt, das uns seit langer Zeit unter die Finger gekommen ist. Aber wenn ihr euch schon einmal auf diese Linie eingeschossen habt: Wie wäre es denn mit einem Sodastream zum Anschluss an den Auspuff des oben bereits erwähnten Porsche Cayenne? Der könnte nämlich nach eurer Rechnung pro gefahrenem Kilometer fast 40 Liter frisch-prickelndes, sprudelndes Wasser erzeugen, das der Verbraucher so liebt. Aus fast genau so natürlichem CO₂, wie ihr es aus der Erde gewinnt, in Aluminiumdosen füllt und für stolze acht Euro zu je 425 Gramm verkauft.
1 Pingback