Paperless Office? Das war wohl nix. Denn obwohl die digitalen Rechen- und Speicherkapazitäten in den Büros und Archiven der Welt in den vergangenen Jahrzehnten exponentiell gestiegen sind, haben sich in den meisten Fällen die allgegenwärtigen Papierstapel kaum verringert. Und selbst wenn man konsequent auf Digitalablage und -bearbeitung setzt: Zahlreiche Gesetze und Verordnungen machen auch heute noch die Archivierung einer großen Bandbreite von Dokumenten in Papierform de facto unerlässlich. Und so bevölkern sie also wie eh und je unsere Büros, die Leitzordner, die Hefter, die Locher und die Heftgeräte.
Ach, gerade die Heftgeräte! Jeder kennt wohl die gefürchteten Heftklammern, die sich statt in den eingelegten Papierstapel lieber in die Innereien des Heftgeräts selbst bohren. Die Versuche, diese mit der Schere wieder zu entfernen, enden regelmäßig nicht nur mit einem verbogenen und fürderhin noch anfälligeren Heftgerät, sondern obendrein mit einer stumpfen Schere. Und wenn man so einen Hefter einsetzen will, ist er meist ohnehin leer und die Klammern zum Auffüllen sind nicht auffindbar. Gut gefüllte Heftgeräte sind dagegen meist gar nicht mehr vorhanden, weil irgendein Kollege eben auch mal kurz eines der raren, mit Klammern bestückten Exemplare brauchte.
Auf der Suche nach Alternativen zur Qual mit den Heftklammern stieß ich vor einigen Jahren im Fundus der Manufactum genannten Anachronisten-Boutique des Otto-Versands auf ein Gerät, das als klammerloser Hefter bezeichnet wird. Für stolze 75 Euro soll das Blechteil aus China ein Schleifchen, das zuvor aus dem Papier selbst ausgestanzt wurde, in die Blätter binden und sie so zusammenhalten. Wenn auch das gleiche Gerät anderswo unter dem Namen Stapleless deutlich günstiger zu haben ist, konnte ich mich zu der Investition dennoch nicht durchringen.
Vor gut einem Jahr jedoch fand ich in einem Schreibwarengeschäft im Schwäbischen zufällig ein weniger prätenziöses Gerät mit gleicher Funktion, das auf den Namen Green Emma Stapleless Stapler hört und das in Deutschland von Wedo vertrieben wird. Dem Kaufpreis von 10 Euro konnte ich nicht widerstehen, und so wird seit über einem Jahr im Hause Männig ohne Klammern geheftet, was zu heften ist. Die grüne Emma, in der hier vorliegenden Version allerdings schick verchromt, könnte gut etwas leichtgängiger sein. Offensichtlich hat man ihr eine Metallfeder verpasst, die auch dem Fahrgestell eines Mittelklassewagens gut zu Gesicht stehen würde. Dafür ist sie auch ansonsten für ein Plastikgerät robust verarbeitet und liegt gut in der Hand. Leichter zu bedienen ist das kleine Ding allerdings, wenn es stabil auf der Tischoberfläche steht.
Einmal vom Virus der neuen Art der Heftung erfasst, hat sich vor einiger Zeit noch die klammerlose Heftzange Harinacs des japanischen Herstellers Kokuyo in meine Schreibtischschublade gesellt. Sie wird im deutschen Sprachraum von Astar vertrieben. Das handliche Teil funktioniert leichter und weicher als das Green-Emma-Gerät. Bei den einschlägigen Onlinehändlern ist es unter der Typenbezeichnung SLN-MSH108D ab 20 Euro zu haben. Die Papierlasche, die die japanische Zange stanzt, hat eine Pfeilform, wodurch eine bessere Haltbarkeit der Verbindung der Blätter gewährleistet werden soll. Das wirklich Beeindruckende an diesem Maschinchen ist allerdings das kleine Sichtfenster, durch das man beobachten kann, wie die Lasche gestanzt und durch den Papierschlitz gefädelt wird.
Seit einigen Tagen nun vervollständigt noch das Gerät der Königsklasse meine Sammlung klammerloser Heftgeräte: Der SLN-MSP110D, ebenfalls von Kokuyo aus Japan. Das ebenso wuchtige wie solide verarbeitete Tischgerät heftet nicht nur bis zu 10 Blätter zusammen, sondern locht sie gleichzeitig für das Abheften im Leitz- oder kompatiblen Ordner. Offenbar importiert auch Astar das Gerät in die EU, denn beispielsweise bei Amazon ist es unter dem Stichwort Astar Puncher zu finden und zum Listenpreis des Herstellers von ungefähr 57 Euro zu kaufen. Neben der mühelosen Papierverarbeitung und den sauberen Stanzungen überzeugt der schwere Apparat auch durch eine zwölfseitige Bedienungs- und Reparaturanleitung – die freilich durchgängig in japanischer Sprache gehalten, aber immerhin reich illustriert ist. Die raffinierte, einzigartige Funktion ist in einem Video des Herstellers sehr gut zu erkennen.
Neben diesen drei Geräten zur klammerlosen Heftung von Papier habe ich noch drei weitere entdeckt und alle Daten aller Konkurrenten unten noch einmal zusammengestellt. Für den Hausgebauch tut es in aller Regel sicherlich die die preisgünstige Green Emma. Wer bereit ist, doppelt so viel, nämlich 20 Euro auszugeben, der ist mit der präziser arbeitenden Harinacs-Zange gut bedient. Für echte Büroartikel-Fetischisten kommt aber sicherlich nur das 1,2 kg schwere Kokuyo-Tischgerät in Frage. Knapp 60 Euro gibt der ernsthafte Bürotäter dafür sicherlich gern aus.
Übersicht über die Geräte
Green Emma Staple Free Stapler
- Kapazität bis 6 Blätter
- Webseite des Herstellers
- Webseite des Importeurs
- Video
- Preis etwa 10 Euro
- Etwas schwergängig, handlich, robust, stanzt etwas raue Kanten
Kokuyo Harinacs SLN-MSH108D
- Kapazität bis 8 Blätter
- Webseite des Herstellers
- Webseite des Importeurs
- Video
- Preis ab 20 Euro
- Liegt gut in der Hand, solide verarbeitet, Sichtfenster zum Beobachten der Stanzung
Kokuyo SLN-MSP110D
- Kapazität bis 10 Blätter
- Webseite des Herstellers
- Video
- Preis ca. 57 Euro
- Groß, schwer, stabil, multifunktionell durch kombinierte Lochung/Heftung, für den harten Büroeinsatz
Stapeless
- Kapazität bis 6 Blätter
- Preis 65-75 Euro
- Anbieter z. B. manufactum oder Bethge
- Nicht getestet
Plus 31146
- Kapazität bis 5 Blätter
- Preis ab etwa 10 Euro
- Webseite des Herstellers
- Nicht getestet
Daffodil UVC30B
- Kapazität bis 4 Blätter
- Preis ab 6 Euro inkl. Versand
- Anbieter z. B. über Amazon
- Nicht getestet, jedoch mäßige Bewertungen: »... pages really do not hold together securely. I had to tape the tabs to hold together. Sort of defeats the purpose and makes for less efficiency. Will let the children play office with it.«
Philippi Push
- Kapazität bis 4 Blätter
- Preis ca. 20 Euro
- Webseite des Herstellers
- Video
- Nicht getestet, wirkt wie eine Edelversion der Green Emma, geringe Kapazität
PS: Wer auf die Heftung mit Klammern nicht verzichten kann, dem sei zumindest die klassische und bewährte Juwel-Heftzange ans Herz gelegt. Über Hinweise auf weitere klammerlose Heftgeräte und Berichte über die Erfahrungen damit freue ich mich in Kommentaren!
Nessa
Den paperlok habe ich erfolgreich schon lange in Betrieb: http://www.deardens.ltd.uk/portfolio-reader/items/paperlok.html
Grüße von Nessa und dem http://www.autorenexpress.de
Jens Arne Männig
Oh, das sieht aber interessant aus! Siehe auch ein Video und einige Bilder, die die Funktion des Paperlok noch etwas verdeutlichen. Schade, dass das kleine Gerät in Europa außerhalb des Vereinigten Königreichs kaum zu haben sein scheint.
Leah Herz
Hi Jens, das ist mal wieder ein toller Tip. Seit Jahren bin ich auf der Suche nach sowas. In einschlägigen Läden bekomm ich den *kleine grüne männchen gesehn*-blick! Jetzt hab ich quasi den Griffel schon in der hand, mir so ein teil zu bestellen, vorher noch eine Frage an Dich: eigentlich brauch ich ja ein Gerät, das bis zu 30 Seiten heften kann. Aber mit 10 könnte ich zb drei Akte separat heften, wär ne Lösung. Nun kommts leider häufig vor, dass mal hier, mal dort eine skriptseite ausgetauscht werden muss. Kann man so ein papierdingsi einfach öffnen, Blatt austauschen und wieder zuknicken, oder müsste ich dann tatsächlich neu “staplen”?
Versteh ich das richtig, dass diese “Lasche” aus den Blättern geschnitzt wird? Also kein separater Paperfeed?
Meine bisherige Methode, 30-seiter mit Kösterhefter zusammenzuhalten, ist wenig hilfreich, weil das Umknicken und festhalten der jeweilig aktuellen Skriptseite unhandlich ist, und das Randnotieren erschwert.
You could make my day :>{)
Ps: bisher hatte ich immer tolle Tips von deinen links, dafür an dieser Stelle noch mal Dank
Pps: schönswochnend, Leah
Jens Arne Männig
Liebe Lea,
ein Gerät, das 30 Seiten auf diese Weise verbindet, kenne ich nicht. Es wäre auch eine gewisse technische Herausforderung, so etwas zu realisieren. Der Austausch einzelner Seiten erscheint mir auch nur mit dem großen Kokuyo halbwegs realistisch. Die Lasche im Papier ist bei diesem Gerät größer, ebenso die Stanzungen, wo die Lasche durch muss. Ein bisschen fummelig ist das Zusammenstecken mit Hand aber schon. Und klar, die Lasche wird aus dem Papier gestanzt, Verbrauchsmaterialien, die man nachkaufen müsste, gibt es nicht. Das ist ja gerade der Reiz an der Sache.
Und es freut mich natürlich, wenn die die Abfallprodukte meiner eigenen Neugier etwas nutzen.
Leah Herz
Danke, hilft mir bei der entscheidung.. Scheint mir sinnvoll. Einzelseiten bei zehnerstapeln ist eh besser, als 30er auseinander und wieder zusammenzuknipsen.
Ich werds bestellen :-)
Bernd
Hallo,
bin bei der Suche nach Alternativen zu dem von mir benutzen klammerlosen Hefter auf Deine Seite gestoßen. Toller Überblick, den Du da zusammen getragen hast. Ich werde auch das eine oder andere Gerät in der unteren Preisklasse selbst mal testen.
Ich möchte aber Deine Sammlung vielleicht noch mit einem weiteren, sehr preisgünstigen Modell erweitern. Bei pfleglicher Behandlung im privaten Bereich hat sich das Teil durchaus bewährt. Allerdings wird noch mehreren Jahren die Papierstanzung immer franziger, so dass die Heftung nicht mehr gut hält. Für den harten Büroalltag ist das Gerät wohl etwas überfordert, denn dort haben wir bereits das dritte im Einsatz. Hier aber nicht wegen der unsauberen Stanzung, sondern weil die Mechanik aus Plastik kaputt gegangen ist.
hier zwei Bezugsquellen:
http://www.memo.de/Heften-ohne-Klammern/Heftgeraete-und-Heftklammern/Rund-um-den-Schreibtisch/Bueroartikel.memo?groupId=11707&page=group.jsp
oder
http://www.greenpromotion.de/15020_Magic-Stapler-Heften-ohne-Klammern.php
Mit besten Grüßen
Dr Oll
Sehr informative Seite zu einem Thema, welches mich schon länger interessiert!
Ich könnte noch den “Sun-Star Paper StitchLock Zn” hinzufügen, der auf http://www.jbox.com/product/STA107 beschrieben wird (ganzmetall (?), drei Laschen in Pfeilform, …).
Wenn jemand Erfahrung hätte, wie man diesen Hefter problemlos (Verschiffungsgebühren, Zollprobleme, …) kauft, bestelle ich ihn sofort! Ich hab leider keinen deutschen Importeuer gefunden:-(
Mit freundlichen Grüßen!
nathalie
Hallo!
Sehr freue ich mich über die informative Auflistung dieser Vielzahl an Heftern ohne Klammer.
Ich habe erst gestern die Hefter aus bio-Plastik meiner Töchter ruiniert, als ich die für bis zu 4 Blättern vorgesehene Stamper zur verziehrenden Lochung von Lesezeichen aus Pappe nutzte – beide sind nun tot ! Dabei war es mir eine gar große Freude die guten Stücke bei memo.de in dieser ökologischsten aller Varianten entdeckt zu haben. Sie kommen den Kindern auch definitiv wieder auf den Tisch. Für mich und meine Künste werde ich eine blattstärkere Ausführung präverieren.
Vielen Dank für die zahlreichen Hinweise,
nathalie Beyer
Judith
Habe gerade deine Liste mit Urteilen zu diversen Heftgeräten gefunden und bedanke mich schon mal. Ich habe heute den Harinacs für 10,27 € inklusive Versand bei amazon gefunden. Hoffentlich ist es auch kein Fake, wenn es soviel günstiger ist, als du auf deiner Seite angibst.
In einer anderen Farbe sollte das gleiche Gerät auch bei amazon 19,90 plus Versand kosten, hmm, mal sehen, was das gibt.
Ich suche sowas schon lange und nachdem ich deine Seite gefunden habe, habe ich mich jetzt getraut, einfach mal was zu bestellen :-)
Vielen Dank!
Pepeline
ich finde es ja auch gut für die Umwelt, dass es diese Systeme gibt.
Allerdings ärgere ich mich, wenn ich im Geschäft solche “verbundenen Päckchen” bekomme – und ich diese mühselig auseinanderziffeln muss, weil ich die Seiten einzeln scannen muss.
Gibt es hier einen Trick, wie ich die Blätter EINFACH auseinander bekommen kann?
Vielen DANK im Voraus :-)
Jens Arne Männig
Na ja, zu einen ist es ein Einfaches, mit einem Stift, der Klinge eines Cutters oder einer aufgebogenen Büroklammer unter die Lasche zu fahren und sie so zu lösen. Sollte diese Möglichkeit nicht gefallen, so kann man freilich auch die geheftete Ecke der Blätter schlicht abschneiden.