Männig

Wetterwarnung

Das war ja zu befürchten: Das meistverwendete Wort der vergangenen Tage in deutschen Medien war doch tatsächlich Blitzeis. Nach einer Kälteperiode wurde es wärmer und der Regen gefror, wie jedes Jahr mehrfach, auf dem Boden, der noch Frosttemperatur hatte. Klar, dass diese altehrwürdige Wettererscheinung wieder einmal die Verantwortung für zahlreiche Autounfälle übernehmen musste. So verkündeten es zumindest Rundfunk und Presse ohne Unterlass.

Nicht nur, dass die tradierte Verkehrsregel der angepassten Geschwindigkeit aus der Mode gekommen zu sein scheint, nein, inzwischen wird man offenbar zum Autofahren bei derart widrigem Wetter sogar genötigt. Zumindest vermeldete das Radioprogramm des Bayerischen Rundfunks am Morgen des 7. Januar, die Regierung der Oberpfalz fordere aufgrund des Glatteises, Verzeihung: des Blitzeises Fußgänger und Radfahrer auf, zu Hause zu bleiben. Klar, dass man in diesem Fall lieber weder Fußgänger noch Radfahrer ist und aufs Auto zurückgreift. Von dessen Verwendung wurde nämlich behördlicherseits keinesfalls abgeraten.

Überhaupt, die Oberpfalz! Das ist derjenige bayerische Landstrich, aus dem tags zuvor vermeldet wurde, dass man eine Bahnstrecke wegen Glatteis gesperrt habe. Und zwar, offenbar wollte man sicher gehen, bis zum kommenden Sonntag. Wohl bemerkt, die Meldung erging am Donnerstag. Ja, der Oberpfälzer kennt sein Land, und da hält ein Glatteis, das eine Bahnstrecke unbenutzbar macht, sicher prognostizierbar für vier Tage an. So ist das nun mal.

Selbstverständlich sind wir glücklich, dass uns die Behörden fast täglich vor den Unbilden eines ganz normalen Winters (oder wahlweise Frühlings, Sommers und Herbstes) warnen. Selbst sind wir ja leider offenbar nicht mehr in der Lage, uns auf wetterbedingte Unregelmäßigkeiten einzustellen. So erstaunt es doch immer wieder, wenn die Medien vermelden, dass THW und Feuerwehr im Stau stehende Autofahrer mit Decken und warmen Getränken versorgt habe.

Da offenbar der Bedarf an solchen Sozial-, Entschuldigung: Versorgungsleistungen ständig steigt, werden bereits verschiedentlich Rufe nach einem Inneneinsatz der Bundeswehr laut. Merkwürdig: Noch vor 20 Jahren hatte fast jeder Autofahrer im Winter selbst eine Decke oder warme Kleidung dabei, genau wie Getränke, Schneeketten, Scheibenwaschflüssigkeit und etwas Werkzeug. Nachdem unsere Fahrzeuge inzwischen nicht nur immer besser ausgestattet, sondern auch mindestens doppelt so teuer sind wie zwei Dekaden zuvor, müssen heute ganz selbstverständlich und regelmäßig die Bundeswehr, Feuerwehr und das Technische Hilfswerk herhalten.

Inzwischen ist das Blitzeis wieder verschwunden, und die Versicherungen bearbeiten die Schadensmeldungen der letzten Tage. Ersten Schätzungen gemäß dürften sich die Kosten der jüngsten Glatteisunfälle im mittleren dreistelligen Millionenbereich bewegen. Volkswirtschaftlicher Schaden? Papperlapapp! Die Reparaturen an Kraftfahrzeugen und Leitplanken halten unsere Konjunktur in Schwung. Im nächsten Schritt wird deshalb die Regierung der Oberpfalz sicherlich neben Fußgängern und Radfahrern bei Glatteis auch Kleinwagen von der Straße verbannen. Bedingt durch die geringen Reparaturkosten tragen nämlich die Eigentümer der schwachbrüstigen Vehikel viel zu wenig zum Wachstum unserer Volkswirtschaft bei.

Und wer gedacht hat, dass es ja jetzt wieder wärmer wird und damit das Gefahrenpotenzial zunächst wieder etwas sinkt, dem macht der Deutsche Wetterdienst gleich heute einen Strich durch die Rechnung. Heute nämlich erließ diese Anstalt öffentlichen Rechts, die dem Bau- und Verkehrsministerium unterstellt ist, bereits neue, dramatische Wetterwarnungen für große Teile Deutschlands. Bedingt durch die hohen Temperaturen unterliegen diese Landstriche nämlich jetzt einer akuten Bedrohung durch verbreitet starkes Tauwetter. Hoffen wir, dass uns bald ein Wetterexperte im Fernsehen dieses erstaunliche Wettergeschehen im Detail erläutert. Auch Anne Will hat, wie man hört, bereits eine Sondersendung zu diesem drängenden Problem unserer Tage angesetzt.