Männig

QR-Codes: Telefax Reloaded

Kaum ist ein Trend seit 17 Jahren auf der Welt unterwegs, kommt er auch schon in Deutschland an. In letzter Zeit sieht man sie immer öfter: QR-Codes, die bereits 1994 von der Denso Corporation auf den Markt gebracht wurden und sich in Japan bereits seit einigen Jahren großer Beliebtheit erfreuen. Auf den zweidimensionalen Matrixcodes lassen sich Zahlenfolgen oder Texte mit bis zu 4.296 alphanumerischen Zeichen unterbringen die gescannt oder abfotografiert und von Mobiltelefonen oder Computersystemen wieder entschlüsselt werden können. Nun tauchen sie also auch bei uns immer häufiger auf, die mehr oder weniger großen Pixelfelder. Man findet sie auf Plakatflächen und in Werbeanzeigen, wo sie der Zielgruppe ein schnelles Aufrufen einer bestimmten Internetadresse erlauben sollen. Und zunehmend sind sie auch auf Visitenkarten zu sehen. Hier enthalten sie normalerweise die Daten eine vCard-Files, um dem Empfänger das Abtippen der Adresse zu ersparen.

Doch der Import der codiert abgedruckten Daten ist nicht ganz einfach. Zunächst muss auf dem Endgerät, bei dem es sich in den meisten Fällen um ein Smartphone handeln dürfte, ein entsprechendes Programm installiert werden. Dies muss die Druckdaten nicht nur per Kamera lesen und danach entschlüsseln können, sondern sie zudem auch an andere Anwendungen auf dem Gerät fehlerlos übergeben. Schwierigkeiten bei der Erfassung ergeben sich dabei häufig durch eine zu geringe Auflösung der Kamera oder schlechte Lichtverhältnisse. Selbst unter optimalen Voraussetzungen ist die Erfassung und Übergabe der QR-Codes an Browser oder Adressdatenbank mit einem gewissen Zeitaufwand verbunden. Die Erfahrungen im praktischen Gebrauch scheinen die Vermutung zu belegen, dass das Eintippen einer nicht allzu umfänglichen Adresse im Browser meist schneller von der Hand geht. Ohnehin erinnert die Methodik der Matrixcodes an das in der ersten Hälfte der neunziger Jahre populäre Medium Telefax: Daten werden zunächst zu Grafiken umgeformt, die dann wieder mühsam erfasst und entschlüsselt werden müssen, um sie mit gängigen Computerstandards weiterverarbeiten zu können.

Bei der Verwendung in Printanzeigen und auf Plakattafeln verfolgt der Einsatz von QR-Codes sicherlich einen interessanten Ansatz: Hier wird der Spieltrieb der Zielgruppe angesprochen. Sicherlich werden sich manche Interessenten eine Wartezeit auf dem Bahnsteig oder beim Arzt gern verkürzen, indem sie erkunden, was sich hinter den Pixeln auf einem Plakat oder in der Lesemappe verbirgt. Besonders reizvoll erscheint es dabei, dass die Punktmatrix individuelle Webadressen enthalten kann, die wiederum eine Auswertung nach den wahrgenommenen Werbemitteln erlauben. Etwas kritischer ist sicherlich die zunehmende Verwendung der QR-Codes auf Visitenkarten zu sehen. Mit einer auf der Karte abgedruckten kompakten Webadresse, die auf eine standardisierte VCF-Datei weiterleitet, wären die meisten Empfänger von Visitenkarten sicherlich schneller bedient. Für diejenigen, die sich heute dieser Technik bedienen, steht jedoch meist die Intention im Vordergrund, sich auf diese Weise als innovatives und technikaffines Unternehmen darzustellen. Dass das Corporate Design unter den voluminösen Pixelflächen auf der Visitenkarte doch sehr sehr leidet, wird da offenbar gern in Kauf genommen.