Männig

Mehr iPhone auf dem Fahrrad

Nachdem der Artikel Das iPhone auf dem Fahrrad vom vergangenen Herbst immer noch zahlreiche Zugriffe verzeichnet, kommt hier ein Update mit zwei weiteren interessanten Programmen, die in der Zwischenzeit den Markt bereichert haben. Natürlich sind dies nicht die einzigen Tracking- und Outdoor-Apps, die in den vergangenen zehn Monaten erschienen sind. Die meisten der neuen Mitbewerber zeichneten sich jedoch nicht durch besondere oder neuartige Features aus, waren einfache Ableger von Online-Plattformen oder primär zum Befüllen von Social-Media-Kanälen konzipiert, weshalb sie mein Testgerät schnell wieder verlassen mussten.

Interessante Eindrücke hinterlassen dagegen zwei Apps, die beide aus süddeutschen Softwareschmieden stammen: Scout von der Württemberger MagicMaps GmbH und GeoGuide 3D, das vom Würzburger Entwickler Moritz Gaupp entwickelt wird. Beide iPhone-Programme beherrschen die wichtigen Grundlagen und können aufgezeichnete Tourdaten im GPX-Format per E-Mail exportieren. Scout übermittelt daneben auch noch GPS-Aufzeichnungen direkt zur Plattform GPSies, sofern der Nutzer dort ein Konto unterhält.

Herausragendes Merkmal von Scout ist allerdings das Kartenmaterial. Neben den inzwischen weit verbreiteten Kartendaten von OpenStreetMap und OpenCycleMap integriert das schwäbische Tool nämlich auch die in Deutschland üblichen amtlichen topografischen Karten, sowie vergleichbares Material anderer europäischer Länder und der USA. Das Material der Vermessungsämter steht allerdings nur im Maßstab 1:50.000 und schon gar nicht im Rahmen der 2,39 Euro zur Verfügung, die das Programm selbst im AppStore kostet. Für den Download einer einzelnen Karte werden vielmehr jeweils 3,99 Euro zusätzlich fällig.

Und für dieses Geld bekommt man nicht sonderlich viel: Das Blatt München deckt beispielsweise gerade einmal den Bereich zwischen Dachau, Erding, Ebersberg, Starnberg und Fürstenfeldbruck ab. Dafür belegt es jedoch 198 MB des auf dem iPhone kostbaren Speicherplatzes. Für den kompletten deutschen Kartensatz mit 119 Blättern wären also fast 475 Euro zu berappen, ein iPhone mit 32 GB Speicher wäre unumgänglich. Unter diesen Umständen verzichtet man dann wieder gern auf das topografische Kartenmaterial und arrangiert sich mit dem von OpenStreetMap, das freilich aufgrund der kartografischen Aktivitäten der Netzcommunity ständig an Qualität zunimmt.

Wie bei vielen Karten-Apps gilt leider auch bei Scout: Der Nutzer muss sich bei der Fahrt zwischen der Tachodarstellung oder der Landkarte entscheiden. Der Tachobildschirm stellt sechs Werte dar, die aus einer Liste von 13 Datenreihen frei auswählbar sind. Damit lassen sich für jeden Nutzer die gewünschten Zahlen ins Blickfeld holen. Das Display für diese Werte könnte jedoch übersichtlicher gestaltet sein. Viel Platz bleibt frei oder dient Deko-Effekten, und entsprechend klein und aus der Distanz zwischen Auge und Lenker schlecht ablesbar sind die wichtigen Zahlen. Aus unerfindlichem Grund sind die Ziffern obendrein blau schraffiert vor schwarzgrauem Hintergrund, was die flinke Erkennung während des Radfahrens obendrein erschwert.

Die Stärke der App mit dem sperrigen Namen GeoGuide 3D sind die Höhendaten. Der GeoGuide greift ausschließlich auf das Kartenmaterial OpenStreetMap und OpenCycleMap zurück. Zur Berechnung der Höhenmeter nutzt er jedoch nicht auf die höchst ungenaue GPS-Höhenpeilung des iPhone, sondern kalkuliert die augenblickliche wie auch die Zielhöhe über die Geokoordinaten und den dazugehörigen Höhenwert bei OpenStreetMap. Der Nutzer freut sich deshalb über konstant recht realitätsnahe Höhenmeter in der Anzeige und in den Höhenkurven aufgezeichneter Tracks. Gleich welcher Punkt im Kartenmaterial angetippt wird, der Cursor in Form einer Sprechblase liefert immer sofort den dortigen Höhenwert.

Doch GeoGuide kann noch mehr: Aus den empfangenen OSM-Daten berechnet es beeindruckende 3D-Darstellungen der Landschaft, in der sich auch ungeübtere Landkartennutzer sofort orientieren können und sehen, welche Steigungen oder Gefälle ihnen auf ihrem geplanten Weg bevorstehen. Die Überhöhung, wie dramatisch also Berge in der 3D-Ansicht dargestellt werden, lässt sich dabei nach dem Geschmack des Nutzers in den Programmeinstellungen definieren. Natürlich kann der GeoGuide alle Landkarten auch in der gewohnten zweidimensionalen Darstellung anzeigen, was sich zumindest für erfahrene Kartenleser oft als übersichtlicher erweist. Die Karte wird jedoch bei der 2D-Darstellung in Nord-Süd-Richtung etwas gestaucht, was zu einer unschönen Darstellungen mit unrichtigen Längenverhältnissen führt.

Die Bedienelemente der zur Zeit für 1,59 Euro erhältlichen App aus Würzburg sind elegant und geschmackvoll gestaltet, wenn sie sich auch in einigen Details dem Nutzer nicht sofort erschließen, weil sie sich etwas vom iPhone-Standard abheben. Ein integrierter Kompass erweist sich als praktisch, wenn man die Karte nicht genordet, sondern in Fahrtrichtung orientiert anzeigen lässt. Der Tacho beschränkt sich auf die elementaren Anzeigewerte Geschwindigkeit, Distanz, Tourdauer und Durchschnittsgeschwindigkeit. Dafür ist er in die Kartenanzeige integriert, wodurch dem Nutzer alle relevanten Informationen auf einem einzigen Bildschirm angezeigt werden. Das Einstellungsmenü des GeoGuide bescheidet sich ebenfalls mit dem Notwendigen und bleibt damit sehr übersichtlich. Um Track-Aufzeichnungen zu starten, zu pausieren und zu stoppen, muss der User leider immer in ein separates Menü wechseln, was in der Praxis etwas umständlich ist.

Auch GeoGuide kann Kartenmaterial lokal im Flash-Drive des iPhones speichern. Dies ist insbesondere dann sinnvoll, wenn man sich bei Auslandsreisen teure Roamingkosten ersparen will. Nachdem in einem Auswahlfenster die Position und Größe des gewünschten Kartenausschnitts festgelegt wurde, werden die Daten einfach von OpenStreetMap heruntergeladen. Das kann etwas dauern, und 100 MB sind auch hier leicht erreicht, so dass man seine Downloads besser per WLAN erledigt. Dafür entstehen seitens des Anbieters keine weiteren Kosten. Ein erfreuliches Modell, das freilich nur aufgrund des Crowdsourcings der OpenStreetMap-Daten möglich ist. Jedem, der OpenStreetMap und OpenCycleMap nutzt, sei deshalb an dieser Stelle noch einmal ans Herz gelegt, auch zur Pflege und der Weiterentwicklung des Kartenmaterials aktiv beizutragen.

Fazit: Der GeoGuide 3D hinterlässt einen sympathischen Eindruck und rangiert aufgrund seiner besonderen Qualitäten im Höhen- und 3D-Bereich neben MotionX GPS und Kinetic unter meinen persönlichen Top 3 der iPhone-Apps auf dem Fahrrad. Die amtlichen topografischen Karten, die Scout als teures Zusatzfeature bietet, bekommt man bei anderen Apps wie GPS-Tracks kostenlos – zwar nicht in der gleichen Stufe der Systemintegration, aber dafür sogar bis zum Maßstab 1:25.000. Das Tool, das durchaus seine Qualitäten hat, wird deshalb voraussichtlich bald wieder wegen geringer Nutzung von meinem iPhone verschwinden.

Detailinformationen zu den Apps

Scout

Scout

  • Webseite Anbieter: http://www.magicmaps.de/produktinfo/navigations-software/magicmaps-scout-fuer-iphone-fahrrad-navigation.html
  • AppStore-Link: http://itunes.apple.com/de/app/scout-fahrradnavigation-und/id362711425
  • Preis: 2,39 Euro
  • Sprache: Deutsch
  • Kartenmaterial: OpenStreetMap, OpenCycleMap, amtl. topogr. Karte bis 1:50.000
  • Diagramme: Höhe, Geschwindigkeit
  • Datenaustausch: Export per E-Mail des iPhones, GPSies.com
  • Höhenmeter: Höchster Punkt, tiefster Punkt
  • Autostart/-stopp: Nein
  • Waypoints: Ja
  • Positiv: Integration amtlicher topografischer Karten, auch aus dem europäischen Ausland und den USA
  • Negativ: Sehr kostenintensives Zukaufmodell für Kartenmaterial, Tacho und Karte nur in separaten Anzeigen, unübersichtlicher Tacho

GeoGuide 3D

GeoGuide 3D

  • Webseite Anbieter: http://www.movingworld.de/
  • AppStore-Link: http://itunes.apple.com/de/app/geoguide-3d-worldwide-maps/id391304000
  • Preis: 1,59 Euro
  • Sprache: Deutsch
  • Kartenmaterial: OpenStreetMap, OpenCycleMap
  • Diagramme: Höhe, Geschwindigkeit
  • Datenaustausch: Export per E-Mail des iPhones
  • Höhenmeter: Aufstieg, Abstieg, höchster Punkt, tiefster Punkt
  • Autostart/-stopp: Nein
  • Waypoints: Nein
  • Positiv: Zuverlässige Ermittlung der Höhe ü. d. M., attraktive 3D-Darstellung der Landschaft, gefälliges Interface, kombinierte Tacho-/Kartenanzeige, kostenlose Kartendownoads und Offline-Speicherung
  • Negativ: Verzerrte 2D-Kartendarstellung, Ergonomie bisweilen gewöhnungsbedürftig