Männig

Manufactum. Echte Handarbeit. Kein Hightech.

Irgendwann Anfang der 90er berichtete mir jemand aus dem engsten Familienkreis, dass es da einen Versandhandel mit hübschen, altmodischen Sachen gäbe. Einen Katalog, damals noch ziemlich dünn, bekam ich gleich dazu überreicht. Ich fand nett, wenn auch nicht besonders preiswert, was dieses Unternehmen namens Manufactum anbot und bestellte auch tatsächlich das eine oder andere Produkt dort, zuletzt vor vermutlich acht bis zehn Jahren.

Einige Zeit später blieben die immer dicker werdenden Kataloge aus, die bis dahin regelmäßig im Briefkasten gelegen hatten, und irgendwann auch die gedruckten Rundbriefe, die immer einen erfreulichen Unterhaltungswert gehabt hatten, solange diese noch vom Inhaber des Unternehmens, Thomas Hoof, geschrieben worden waren. Dieser verkaufte Unternehmen und Marke Manufactum dann aber ohnehin im Jahr 2007 an den Otto-Konzern.

Otto scheint nun mit den Umsätzen seiner Tochter für die guten Dinge nicht mehr so ganz zufrieden zu sein. Wie anders sollte es sonst zu deuten sein, wenn man nach Jahren des Schweigens nun plötzlich eine E-Mail von Manufactum – immerhin in alter Rechtschreibung – erhält

Lieber Herr Männig,

Anfang September erscheint der Warenkatalog Nr. 23. Wenn Sie mögen, schicken wir Ihnen Ihr Exemplar gleich nach Erscheinen pünktlich zu. Klicken Sie dazu einfach auf den untenstehenden Link und bestätigen / ändern Sie Ihre Adreßdaten wie gewünscht.

Mit herzlichen Grüßen
Ihre Manufactum Internet-Redaktion

» Ja, bitte schicken Sie mir den Warenkatalog Nr. 23 zu.
» Nein, ich möchte den Warenkatalog Nr. 23 nicht erhalten.

Eine E-Mail? Von Manufactum? Dort ist man doch eher mit Email, Gusseisen und Bakelit befasst. Ein Blick auf die IP-Adresse, von der die Elektropost kommt, beruhigt einen dann aber doch gleich wieder: Die Mail kommt in Wirklichkeit von der MCS Moorbek Computer Systeme GmbH in Hamburg. Manufactum hat also freundlicherweise die Daten seiner Altkunden an einen Dienstleister weitergegeben, der sich jetzt auf dem Weg des fürchterlich innovativen E-Mail-Marketings um deren Rückgewinnung als aktive Kunden kümmern soll.

Und bei MCS zieht man gleich alle Register: Man baut nicht nur einen Link ein, mit dem man den neuen Katalog bestellen kann, sondern auch gleich noch einen, den der Kunde klicken soll, wenn er ihn nicht haben will. Erfahrungsgemäß klickt eine erstaunlich hohe Quote der Empfänger tatsächlich derartige Links – und hat damit zur Freude der Anbieter und Internetmarketer seine E-Mail-Adresse gleich verifiziert. Sie wird so als aktive, gelesene Adresse erkannt, die man bei weiteren Marketingaktionen gern wieder berücksichtigt, sprich: Mit mehr Spam bedient. Nun möchte der geneigte Exkunde aber fürderhin seine Ruhe haben. Deshalb klickt er selbstverständlich keinen der vorgenannten Links und findet schließlich weiter unten, im Kleingedruckten, Verzeihung, KleingeHTMLten zwei weitere Links:

Hier können Sie das Format des Manufactum Internet-Rundbriefes ändern
oder den Manufactum Internet-Rundbrief abbestellen.

Prima, denkt man sich und klickt auf den zweiten Link, um seine E-Mail-Adresse für weitere Aktionen abzumelden. Der Original-Link, hier aus Datenschutzgründen entfernt, ist von der Inxmail- Software, mit der der Manufactum-Dienstleister seine Aktionen abwickelt, mit einer individuellen Kennung für jeden Kunden versehen. Dies sollte es eigentlich erlauben, auf den Klick gleich eine Bestätigung der Abmeldung zu liefern. Aber nein, so einfach macht es einem MCS im Namen von Manufactum nicht. Denn was man erhält, ist erstmal ein weiteres Abmeldeformular.

Erstaunlich ist allerdings, dass in dieses Abmeldeformular nicht einmal die E-Mail-Adresse des Kunden automatisch eingetragen wird. Wozu wird denn dann eigentlich seine Identität mit dem Link zuvor noch einmal an MCS übertragen? Nun gut, mit bereits leichten Grimm trägt man eben seine Adresse, die man leichtsinnigerweise vor vielen Jahren einmal Manufactum überlassen hat, noch einmal ins entsprechende Feld ein. Man drückt den Button Internet-Rundbrief abbestellen und …

… ist überrascht: Die E-Mail-Adresse, an die MCS im Namen von Manufactum noch wenige Minuten zuvor eine E-Mail verschicken konnte, ist diesen Unternehmen gar nicht bekannt. Ein Abmelden von weiteren tollen E-Mail-Aktionen ist damit schlicht nicht möglich. Das sollten sich andere Unternehmen ein Vorbild nehmen: Man bewirbt nur Adressen, die man gar nicht hat, und schließt damit auch jegliche Datenschutzproblematik von vorn herein aus.

Prima, liebe Profis von Moorbek Computer Systeme und danke, liebe Manufactum-Marketingabteilung! Meine Anfrage gemäß Bundesdatenschutzgesetz, welche Daten denn nun wirklich bei euch über mich gespeichert sind, kommt dann sicherheitshalber ganz altmodisch per Post. Es gibt sie nämlich noch, die gute Post, und vielleicht ist dies auch der Kommunikationsweg, bei dem ein im Traditionellen verwurzeltes Unternehmen wie Manufactum auch sicherheitshalber lieber bleiben sollte.