Männig

Elite

In der bunten Welt der Social Media weiß man ja oft nicht, ob man lachen oder weinen soll: Selbsternannte Gurus, die im Brustton der Überzeugung altbekannte Weisheiten vortragen, Seminarleiter, deren Qualifikation darin besteht, selbst schon ein Seminar besucht zu haben und Webseiten mit »Fachinformationen«, die in den 90er Jahren steckengeblieben zu sein scheinen.

Vor diesem Hintergrund war es schon lange an der Zeit, dass sich endlich jemand dieses Themas aus der satirischen Perspektive annimmt. Dies haben nun zwei junge Männer getan, die unter den Pseudonymen Matthias Brandmüller und Torsten Jaeger firmieren, ihre wahre Identität jedoch offenbar geheim halten wollen. Die beiden begnadeten Comedians geben vor, einen Social Media Elite Club gegründet zu haben, der zukünftig Onlinekurse und Ausbildung im Social-Media-Bereich anbieten will. Das ganze Setting wurde von den Initiatoren höchst professionell aufgesetzt, dabei freilich so überzogen, dass sich davon kein wirklicher Social-Media-Meinungsbildner wirklich angegriffen fühlen wird. In ihren Darstellungen in ausführlichen, aufwändig gemachten Videosequenzen geben Brandmüller & Jaeger die prototypischen, ehemaligen MLM-Protagonisten, die nach einem Intermezzo im SEO-Bereich nun ihr Heil im Social-Media-Bereich suchen.

Die verkrampften Dialoge und die freilich nur scheinbar mühsam einstudierte Gestik, inszeniert wie frisch dem ersten Kommunikationsseminar entsprungen, übertreffen in ihrer pointierten, fast überzogenen Ironie alles, was man in der Internetszene bisher zu sehen bekommen hat. Dabei sind die Charaktere, insbesondere auch die der zum brüllen komischen, vorgeblichen Gastlektoren, stets fein ziseliert. Die anbiedernde Plumpheit eines Atze Schröder sucht man beim Social Media Elite Club vergebens. Fast fühlt man sich an Gerhard Polt in seinen Darstellungen des trotteligen Gabelstaplerfahrers erinnert, dem sich jeder Zuschauer überlegen fühlt, mit dem er aber dennoch fast ein wenig Mitleid hat. Allemal aber gibt es für jeden, der die Social-Media-Szene nur ein klein wenig kennt, viel zu lachen.

Die parodistische Gestaltung der Webseite, wie auch das Logo des Clubs lehren nicht nur jeden Webseitengestalter das Gruseln. Parallel dazu wurden Präsenzen auf den unvermeidlichen Kanälen von Twitter, Facebook, FriendFeed und YouTube geschaffen. Und um der Sache den letzten Schliff zu geben, führt das Impressum Namen und Adresse einer spanischen GmbH auf Mallorca auf. Denn merke: Mit Social Media wird jeder so erfolgreich, dass er am Ballermann residieren kann. Selten wurde für einen Gag im Internet ein solch gewaltiger Aufwand betrieben. Aber dieser Aufwand hat sich gelohnt, und man ist gespannt, wann wohl die Initiatoren dieses komödiantischen Highlights ihre wahre Identität und das eigentliche Ziel der Aktion offenbaren werden. Bis dahin ist der Newsfeed des Social Media Elite Clubs ein Muss im Feedreader jedes Social-Media-Protagonisten oder -Interessenten. Ein herzliches Lachen bei jedem neuen Blogeintrag ist dem Leser oder Zuschauer in jedem Fall sicher.