Männig

Social-Media-Plattformen: Bewertung und Policy

Es ist ja in den vergangenen Wochen schon fast etwas Mode geworden, seinen eigenen Umgang mit den unterschiedlichen Social-Media-Kanälen für andere transparent und nachvollziehbar zu gestalten. Die aktuellen Veränderungen bei Facebook geben auch wieder einmal Anlass zum Nachdenken, und so habe ich jetzt auch versucht, einmal zusammenzuschreiben, was ich wo tue und warum. Gewisse Grundlagen dazu hatte ich ja schon mit einem Artikel vor einigen Monaten gelegt. Nach wie vor bin ich nur auf einer sehr überschaubaren Menge von Social-Media-Plattformen aktiv. An erster Stelle und mit großem Abstand natürlich Twitter. Danach wären Facebook und Xing zu nennen und schließlich, wieder mit einiger Distanz zu den Vorgenannten, vielleicht auch noch LinkedIn.

Twitter

Twitter habe ich in den vergangenen beiden Jahren sehr zu schätzen gelernt. Es hat sich zu meinem schnellen Kommunikationskanal für zwischendurch entwickelt. Ob am Schreibtisch im Home Office, unterwegs in der Bahn und zu Fuß oder abends auf dem Sofa: Twitter dient mir nicht nur für die Status-Updates, für die es wohl eigentlich einmal gedacht war, sondern auch für die schnelle Kommunikation zwischendurch. Bekanntermaßen ist man ja ohne große Unternehmensorganisation stets von akuter Vereinsamungsgefahr bedroht, und so ersetzt Twitter nur allzu oft den kurzen Tratsch auf dem Gang oder an der Kaffeemaschine. Daneben eignet sich der Kurznachrichtendienst natürlich auch ganz trefflich, sich neuen Input auf eigene offene Fragen einzuholen oder Nachrichten weiterzuverbreiten, die man selbst gerade interessant findet.

Mittlerweile lesen fast 1.400 Menschen meine geistigen Ergüsse auf Twitter. Aber halt, so viele lesen sie natürlich nicht, denn das ist lediglich die Zahl meiner Follower. Was mir allerdings unmöglich ist: 1.400 Twitterern zurückzufolgen und ihre Tweets auch nur ansatzweise zu lesen. Ich beschränke mich daher auf die, deren regelmäßige Meldungen mir einen gewissen Mehrwert bieten oder mit denen ich mich schlicht gern austausche. Und bei den etwas über 500, denen ich derzeit folge, ist meine Leistungsgrenze eigentlich schon weit überschritten. Keinesfalls fühle ich die Verpflichtung, einer Person, der ich einmal folge, für alle Zeiten weiter zu folgen. Wenn sich die Interessenslage ändert, wird es immer wieder einmal nötig, die eigene Timeline zu bereinigen. Mit der Zeit habe ich auch gelernt, dass das Entfolgen von Menschen mit allzu negativer Grundhaltung, mit auffallend narzissitischer Persönlichkeit oder von Twitterern, die regelmäßig Spam retweeten eine äußerst befreiende Wirkung haben kann.

Generell ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich jemandem folge, höher, wenn er oder sie mit mir kommuniziert. Wem ich dagegen seltenst bis gar nicht folge, sind Accounts von Unternehmen oder Organisationen, bei denen der Mensch dahinter sich nicht offenbart oder von denen nur regelmäßig auf Änderungen einer Webseite oder neue Einträge im Blog hingewiesen wird. In solchen Fällen abonniere ich lieber den entsprechenden RSS-Feed, sofern mich das Thema interessiert. Auf Twitter habe ich lieber mit Menschen zu tun.

Facebook

Facebook hat aufgrund seiner Marktpenetration schon fast etwas Unvermeidliches, und so bin ich auch dort Mitglied. Vor dem Hintergrund der – zugegebenermaßen äußerst verständlichen – Bemühungen des Unternehmens, mit den von den Nutzern hinterlegten Daten Geld zu verdienen, habe ich jedoch dort schon vor einigen Monaten die meisten Detailinformationen über mich gelöscht und verweise auf Facebook statt dessen auf meine eigene Webpräsenz. Als gelernter Direktmarketer leide ich naturgemäß nicht an Hypochondrie, was den Umgang mit persönlichen Daten betrifft, erhalte mir jedoch gern die Hoheit über meine eigenen, wie dies die rechtliche Situation in Deutschland ja auch durchaus vorsieht. Außerdem bin ich schlicht zu faul, Änderungen stets auf zahlreichen Plattformen durchzuführen, wenn sie einmal anfallen.

Nachdem ich eine ganze Zeit auf Facebook fast gänzlich inaktiv war, habe ich es doch in letzter Zeit wieder für die Anmeldung auf Veranstaltungen verwendet oder dazu, mit einigen Freunden und Bekannten in Verbindung zu bleiben. Zur eigentlichen Kommunikation nutze ich dann aber lieber doch altmodische Hilfsmittel wie E-Mail oder Telefon – oder eben Twitter. Die Pinnwand auf Facebook habe ich weitgehend deaktiviert und lösche automatische Einträge dort auch recht konsequent. Eintreffenden Freundschaftsanfragen gegenüber bin ich ziemlich offen, sofern ich herausfinden kann, um wen es sich überhaupt handelt, woher ich ihn oder sie kenne oder wenigstens, warum ich ihn oder sie mal kennenlernen sollte. Manchmal würde ja der Verweis auf das Twitter-Pseudonym oder das gleiche Profilbild wie dort schon helfen.

Auf der Startseite meiner Facebook-Präsenz – und viel mehr gibts ja auch generell nicht zu sehen – prangt nach wie vor der Spruch: »Und nein, ich möchte auch nicht Fan von irgendwem oder irgendetwas werden.« Wenn auch Facebook die Funktion, sich zu Organisationen oder Personen zu bekennen, jüngst in »Gefällt mir« umgenannt hat, habe ich dennoch beschlossen, sie bis auf Weiteres nicht zu nutzen. Ein simpler Klick ist mir in den allermeisten Fällen schlicht zu undifferenziert für das, was ich über ein Thema denke. Das gilt auch dann, wenn ich mich mit diesem Thema weitgehend oder sogar fast völlig identifizieren kann. Habt also bitte Verständnis, dass ich auch für eure Facebook-Seite nicht das Klickvieh sein und gleichzeitig Facebook noch unentgeltlich ein feineres Verbraucherprofil von mir liefern möchte.

Xing

Ach ja, Xing! Es war einmal eine Businessplattform namens OpenBC, auf der ich tatsächlich gute Kontakte knüpfte und sogar stattliche Aufträge generierte. Aber mit dem Wachstum der Mitglieder dieser Plattform und dem frischen Design im Rahmen der Umbenennung in Xing wuchs auch das Grundrauschen. Die ehemals simplen und produktiven Treffen lokaler OpenBC-Gruppen (in München beispielsweise im Hirschgarten) mussten teuren Xing-Acht-Gänge-Menüs im gediegenen Ambiente weichen. Klar, vielleicht machen die daraus resultierenden Provisionen der Gastronomie den einen oder anderen Xing-Ambassador glücklich, aber die Funktion der Treffen ist dabei leider weitgehend auf der Strecke geblieben. Gleiches gilt für die Gruppen auf der Plattform, deren Zahl ins schier unermessliche gewachsen ist. Wer auf sich hält, betreibt seine eigene Gruppe, denn auch wenn diese nur zwölf Mitglieder hat und der letzte Beitrag vor einigen Monaten geschrieben wurde: Das quietschgrüne Gruppenmoderator-Symbol hinter dem eigenen Namen schafft Prestige und Würde.

Kein Wunder, dass die Headhunter, die früher alle zwei Tage über einen herfielen, das Abscannen der Plattform mittlerweile auch ihren Praktikanten und Assistenten überlassen haben, wie die Besucherstatistiken beweisen. Vor diesem Hintergrund habe ich die Premium-Mitgliedschaft bei Deutschlands großem Sandkasten für Schlipsträger, für die ich jahrelang brav bezahlt hatte, zum vergangenen Jahreswechsel gekündigt. Nun bin ich also unterprivilegiertes Gratismitglied mit stark eingeschränkter Kommunikationsfähigkeit. Erstaunlich allerdings: Ich vermisse nichts. Zumindest nicht im Moment, denn derzeit ruht die Mitgliedschaft schlicht. Wenn jemand dennoch das Bedürfnis hat, bei Xing in der Liste meiner Kontakte aufzutauchen, dann darf er oder sie natürlich gern anfragen. Noch lieber allerdings, wenn der Grund dafür etwas besser ist als das gestern wieder erlebte »Ich bin wie Sie in der Gruppe Vertrieb und Verkauf« (mit über 70.000 anderen inaktiven Mitgliedern). Ach ja, und Facebook verwende ich Xing natürlich nach wie vor zur Anmeldung bei Veranstaltungen, die genau diesen Kanal voraussetzen.

LinkedIn

Bei LinkedIn bin ich auch noch, wenn ich das auch immer mal wieder vergesse. Länger sogar als bei Xing, wenn ich mich recht erinnere. Immerhin habe ich neulich mal daran gedacht, das Unternehmen aus meinen Informationen zu löschen, für das ich schon seit einigen Jahren nicht mehr Geschäftsführer bin und das mir auch nicht mehr gehört. Aber irgendwann wollte ich es ja wieder einmal nutzen, um mit alten Kollegen und Geschäftspartnern wieder in Kontakt zu kommen, mit denen ich bei meinen Auslandstätigkeiten vor längerer Zeit zu tun hatte. Irgendwann, wenn ich mal Zeit und Lust habe. Ja, dann …
 

Klar, ich melde mich immer mal wieder bei der einen oder anderen sonstigen Plattform an, weil mich fachlich interessiert, wie sie aufgebaut ist, wie sie funktioniert – und weil ich wissen will, ob man auch dort all die Fehler wiederholt, die schon Hunderte anderer vorher gemacht haben. In solchen Fällen melde ich mich nur teilweise, bei entsprechendem Vertrauen mit meinem richtigen Namen an. Sofern mir das entsprechenden Angebot dubios erscheint, wähle ich lieber ein Pseudonym. Und schließlich schaue ich auch immer mal wieder ins gute, alte Usenet rein, in dem ich mich lange Jahre wirklich engagiert habe, nachdem man nicht mehr auf den geschlossenen Kosmos der Compuserve-Gruppen angewiesen war. Und irgendwie vermisse ich das ja, diese Plattform, die primär von den Interessen der User getrieben war, nicht vom Streben eines privatwirtschaftlichen Unternehmens nach Rendite und Wertzuwachs. Wäre nicht dies eigentlich ein System, unter das man seine Kommunikation und den Austausch mit anderen Menschen langfristig viel lieber stellen würde.

Und noch eines fehlt mir: Eine Plattform, die es ermöglicht, unabhängig von bisherigen Social-Media-Kanälen und ohne zeitaufwändige und datenschutz-problematische Anmeldung Veranstaltungen zu Plane und sich bei diesen anzumelden. Oder besser noch eine Plattform, die in der Lage ist, die Veranstaltungsdaten von Facebook, Xing und wem auch immer zusammenzuführen und eine einheitliche Teilnehmerliste zu erstellen. Und wie ich bei Organisationen wie dem Münchner Social Media Club sehe, scheint dies anderen Veranstaltern auch dringend zu fehlen.

Als nächstes werde ich mich aber einmal daran machen, meine eigene Webseite hier zu aktualisieren. Die neuen beruflichen Inhalte müssen noch eingepflegt werden, um zukünftigen Geschäftspartnern auch ein paar erste Anhaltspunkte zu geben, was sie sich mit mir einhandeln. Denn eines habe ich beschlossen: Es wird auch in der nächsten Zeit keinen getrennten geschäftlichen und privaten Jens Arne Männig geben. Vielmehr werde ich immer ich selbst sein, mit allen Facetten, ob hier, auf Facebook, bei Xing und vielleicht mal auf LinkedIn. Denn wer sich mit mir einlässt, bekommt mich immer ganz und so, wie ich bin, nicht ein von Herrenausstatter, Seminaren und Karrierebibel-Blog zurechtfrisiertes, austauschbares Etwas, das für den jeweiligen Casus die passende Rolle spielt.