Männig

Ein neues Fahrradschloss

Es war wieder einmal an der Zeit, dass mein Alltagstraktor, ein Müsing Sentia von 1995, ein neues Fahrradschloss bekommt. Das ursprünglich benutzte Spiralschloss ging schon vor einigen Jahren verloren, seitdem war das alte Motorradschloss im Einsatz, das auch auf dem Bild noch auf dem Gepäckträger klemmt. Nach etwa zehn Wintern ist bei diesem allerdings die Kunststoffummantelung mehrfach gebrochen, so dass die darunter liegenden Metallteile munter vor sich hin rosten. Auch die schließenden Teile sind von Oberflächenrost bedeckt, was zusammen mit Schmierstoffen für einen braunen Brei sorgt, der regelmäßig nach der Handhabung des Schlosses die Finger und in Folge die eigene Kleidung verunziert.

Zeit also, das Teil auszumustern, zumindest, was den täglichen Gebrauch betrifft, und sich gleichzeitig Gedanken zu machen, welche Art von Fahrradschloss denn eigentlich die sinnvollste für die eigne Nutzung ist. Oft steht das gute Müsing nur für einige Minuten vor einem Laden oder es parkt im verschlossenen Fahrradkeller. In diesen Fällen muss es nicht unbedingt angeschlossen werden, sollte jedoch gegen einfaches Wegfahren gesichert sein. Es bietet sich also ein Rahmenschloss an, das bei Bedarf immer noch um ein Schlaufenkabel zum Anschließen an einem Zaun, einer Laterne oder an einem Fahrradständer erweitert werden kann.

Wichtig ist vor allem die schnelle und einfache Handhabung eines Schlosses. Für elementar halte ich es deshalb, dass sich ein Fahrradschloss ohne Zuhilfenahme des Schlüssels verschließen lässt. Aus diesem Grund kamen nur Rahmenschlösser mit Schwenkbügel in die engere Auswahl. Um unnötige Fummelei beim Aufschließen zu vermeiden, sollte der Bart des Schlüssels zudem symmetrisch sein, also beidseitig schließen. Bedingt durch diese Kriterien standen schließlich drei Schlösser zur Wahl: Das Click Booster den niederländischen Herstellers Axa Basta, das Click³ vom gleichen Hersteller und das Protectus 5000 von Abus aus Wetter an der Ruhr.

Nachdem das Basta Click Booster im Test durch das Schweizer Velojournal dem Lockpicking nur wenig entgegen zu setzen hatte, fiel meine Wahl schließlich auf das Abus Protectus. Leider hatte keiner der Münchner Fahrradhändler meines geringeren Misstrauens dieses Modell vorrätig, so dass ich es schließlich bei Lucky Bike, dem Online-Ableger des Münchner Fahrradhändlers Radlbauer, bestellte. Sowohl für das Schloss als auch für das Schlaufenkabel Abus Cable 5000 mit passendem Anschluss zeigte das Lucky-Bike-Shopsystem sofort lieferbar. Umso ärgerlicher, dass der Händler dennoch die Ware ohne Rückmeldung erst eine ganze Woche später verschickte.

Beim Auspacken zeigte sich, dass die Fertigungstoleranzen bei Abus offenbar doch größer sind, als man dies von einer deutschen Präzisionsschmiede erwarten würde. Nicht nur, dass der Schließmechanismus insbesondere beim Öffnen relativ hart läuft, nein, das Kabel zum Anschließen des Fahrrads passte zunächst einmal gar nicht in die vorgesehene Aufnahme. Um das Ende des Schlaufenkabels auf das äußere Ende des Schwenkbügels zu stecken, muss zunächst der schwarze Kunststoffhebel abgezogen werden. Das Aufstecken des Kabels gelang aber nicht, da die Plastikverkleidung des Schwenkbügelgelenks den entsprechenden Anschluss teilweise verdeckte.

Hier musste also zunächst mit dem Federmesser nachgearbeitet werden, um das Cable 5000 aufstecken zu können. Dabei war festzustellen, dass die Kunststoffteile des silbernen Abus-Rahmenschlosses nicht durchgefärbt sind. Die Schnittstellen, an denen Material abgetragen werden musste, präsentieren sich daher leider nicht mehr silbern, sondern in weiß. Die Befestigung des Rahmenschlosses mithilfe der mitgelieferten Kunststoffschellen zeigte sich als etwas rutschige Angelegenheit. Erst nachdem das Schloss und die Hinterbaustreben des Fahrradrahmens jeweils mit schmalen Streifen von Gaffer Tape versehen waren, blieb das Schloss schließlich in der gewünschten Position.

Hat man diese Hürden überwunden, dann ist die Anwendung des Schlosses einfach: Durch Druck auf den schwarzen Plastikhebel löst sich die Arretierung, und der Schwenkbügel kann gedreht werden. Ist der Anschlag erreicht, rastet der Schwenkbügel durch weiteren Druck auf den Plastikhebel ein und das Fahrrad ist verschlossen. Das alles erfolgt mit etwas Praxis wie ein einziger, flinker Handgriff. Zum Öffnen wird der Schlüssel eingesteckt und um einige Grad gedreht, was, wie bereits geschildert, relativ hart läuft. Der Schwenkbügel schnappt dabei automatisch wieder in Fahrposition, und das Schlüssel kann abgezogen werden. Als etwas mühsamer zeigt sich die Verwendung des Kabels. Der Plastikhebel wird vom Schwenkbügel abgezogen, der passende Anschluss des Kabels statt dessen aufgesteckt. Ist das Schloss verriegelt, dann kann auch das Kabel nicht mehr abgezogen werden. Der Plastikhebel muss allerdings in der Zwischenzeit an anderer Stelle verstaut werden und ist hoffentlich später wieder aufzufinden. Denn ohne ihn ist die Handhabung des Schlusses weit unkomfortabler.

Fazit: Das Abus Protectus 5000 ist ein solides und optisch wenig auftragendes Rahmenschloss, dessen Fertigungsqualität aber nicht die Erwartungen erfüllt. Es lässt sich sehr schnell und ohne Schlüssel verschließen. Die Verwendung des zugehörigen Schlaufenkabels Cable 5000 ist etwas hakelig und umständlich. Ein einfaches Doppelschlaufenkabel, das bei Bedarf mit über den Schwenkbügel gezogen wird, funktioniert genauso gut – und man spart sich die Mühe, das Schlossgehäuse erst passend zu machen.

Ergänzung am 26. Juni 2012

Offenbar konnte jemand den kleinen Plastikhebel, der auf dem Schwenkbügel meines Protectus 5000 saß, gut brauchen. Er fehlte nämlich neulich. Ein Anruf im Abus-Werk ergab: Das Rahmenschloss wurde schon wieder aus dem Sortiment genommen. Ein freundlicher Mitarbeiter durchsuchte aber seinen Büroschrank und fand das passende Ersatzteil, das er mir freundlicherweise kostenlos zuzuschicken versprach.