Männig

Was wir auf der dmexco gelernt haben

  1. Online funktioniert nicht. Warum sonst müssen Tausende von Branchenexperten ausgerechnet in Köln-Deutz zusammenkommen, anstatt sich auf Internetplattformen, in Foren, Chats und Onlinekonferenzen darüber auzutauschen, mit welchen bahnbrechenden Neuerungen sie künftig dem gemeinen Internetnutzer das Geld aus der Tasche ziehen wollen?

  2. Der Branche scheint es dennoch prächtig zu gehen. Während die traditionellen IT-Fachmessen darben oder längst jämmerlich eingegangen sind, werden auf der dmexco seit drei Jahren die Messestände immer größer und prunkvoller.

  3. Die Zunft der Webvermarkter ist innovativ und weiß, was ihre Zielgruppe will. Auf den Messeständen gibt es deshalb Kugelschreiber, Feuerzeuge, Flaschenöffner und derlei höchst innovative Werbegeschenke, so weit das Auge reicht.

  4. Geeks? Nerds? Dorks? Nein danke. Auf der dmexco sind die schlipstragenden BWLer und Wirtschaftsingenieure unter sich – die freilich innovativ, sportlich und trendy genug sind, den Binder eigens für das Event zu Hause zu lassen.

  5. Frauen gibt es natürlich auch auf der dmexco. Die Branche ist ja aufgeschlossen. Die Damen tragen knappe Höschen und weit ausgeschnittene Tops und verteilen auf den Gängen vor den Messeständen Flugblätter, Tragetaschen oder Aufkleber an die Besucher.

  6. Mitten im 21. Jahrhundert verkaufen traditionelle Verlagshäuser Abos ihrer Printpublikationen per negativer Option: Kommse näher, kommse ran, unterschreimse hier, die ersten zwei Ausgaben sind KOSTENLOS! Leading the global digital industry, genau wie Anno 1967.

  7. Es gibt ein freies Messe-WLAN. Und gute Netzabdeckung aller Provider. Und es geht die Sage, dass es einige, wenige Besucher der Veranstaltung, die glücklicherweise über einen E-Netz-Vertrag verfügten, es trotzdem schafften, dann und wann eine Onlineverbindung aufzubauen.

  8. Im Messerestaurant herrscht das Konzept der Selbstbedienung. Die Preise sind hoch. Deshalb laden sich die Besucher so viel auf die Teller, wie nur irgendwie drauf passt. Deshalb sind die Preise hoch. Deshalb laden sich die Besucher so viel auf die Teller …

  9. Der Eintritt ist frei. Die Besucher qualifizieren sich jedoch durch die Angabe ihres Namens und ihres job titles für den Besuch. Der Aussteller will ja schließlich wissen, dass er Kaufentscheider vor sich hat. Der rangniedrigste Titel, der auf einem Namensschild auf der dmexco gesichtet wurde, war ein International Vice President Strategic Development.

  10. Der hochkarätige dmexco-Kongress gliedert sich in Seminare (vulgo Unternehmens- und Produktpräsentationen), Workshops (dito), Debatten (Unternehmenssprecher, die sich gegenseitig widersprechen) und die Vorträge in der Congress Hall, wo Unternehmenspräsentationen möglichst nicht wie Unternehmenspräsentationen aussehen sollen.

Danke für das abermals wunderbare Branchenevent, liebe dmexco-Veranstalter, und auf ein frohes Wiedersehen im nächsten Jahr. Dann ganz sicher mit noch prunkvolleren Messeständen, noch kürzeren Höschen und noch mehr Kugelschreibern!